Erfolgreicher Fachtag zur Gesundheitsförderung an der KSH
Wohnungslose und obdachlose Menschen leben oft in prekären Lebenslagen und verfügen über wenige gesundheitliche Ressourcen. Ihr Alltag ist von Stressoren und Belastungen geprägt, die ihren Gesundheitszustand negativ beeinflussen. Zudem steht die gesundheitliche Situation in einem wechselseitigen Zusammenhang – sowohl was die Entstehung als auch was die Überwindung von Wohnungslosigkeit angeht. Nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Fachkräfte der Wohnungslosenhilfe stellt der gesundheitliche Zustand ihrer Klientinnen und Klienten verstärkt eine Herausforderung dar, was gelingende Angebote der Gesundheitsförderung zunehmend notwendig macht. Vor diesem Hintergrund war es das Ziel des Fachtages „Gesundheitsförderung bei wohnungslosen und obdachlosen Menschen“, der in Kooperation mit der Koordinierungsstelle für Gesundheitliche Chancengleichheit der Landeszentrale für Gesundheit in Bayern am 26. September am Campus München stattfand, für dieses Thema zu sensibilisieren und Möglichkeiten zu erarbeiten, wie Gesundheitsförderung gelingen kann.
Zu Beginn des Fachtages begrüßte der Prof. Dr. Andreas Schwarz, Vizepräsident für Studium und Lehre der KSH München, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und freute sich auf den „bunten Strauß an Anregungen, des Austausches und der Best-Practice-Beispiele“, die der Fachtag hervorbringen werde. Diese Vorfreude sollte sich dann auch im Verlauf des Tages bestätigen.
In seinem einführenden Grußwort dankte Ludwig Mittermeier, Vorstand des Katholischen Männerfürsorgevereins München e.V. (kmfv), der Forschungsgruppe „Neue Wege in der Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung wohnungsloser Menschen“ um Prof. Dr. Peter Franz Lenninger, Dr. Gerd Reifferscheid und Vera Richter für die Organisation des Fachtages. Für den kmfv ist die Verzahnung von Wissenschaft und Praxis ein wichtiges und zentrales Anliegen. Durch die Forschung, wie z. B. bei der SEEWOLF-Studie, erlange man ein besseres Verständnis für Menschen mit seelischen Belastungen, so Mittermeier. Deswegen habe man sich 2019 sehr darüber gefreut, das Forschungsprojekt gemeinsam mit der KSH starten zu können. Sein Dank galt in diesem Zusammenhang auch der Erzdiözese München und Freising, die das Forschungsprojekt zu 100 Prozent finanziert. Gesundheitsförderung, so Mittermeier weiter, sei ein vielschichtiges Feld. Dies treffe insbesondere auch auf die Gesundheitsförderung bei wohnungslosen Menschen zu. Deren Prävalenzzahlen seien deutlich höher als in der Allgemeinbevölkerung. Oftmals haben wohnungslose Menschen aufgrund ihrer Situation das Gefühl für ihren eigenen Körper verloren und es ist schwierig für sie Hilfsangebote anzunehmen. Daher sei es so wichtig, dass die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe ihnen auf Augenhöhe begegnen und Räume zu schaffen, in denen sie sich stabilisieren können. Der Fachtag soll dabei zu einer bedarfsgerechten Weiterentwicklung der Angebote beitragen.
Im anschließenden Grußwort berichtete Prof. Dr. Lenninger davon, dass das Forschungsprojekt nun in die Endphase übergeht. Im Rahmen des Forschungsprojektes habe man sich mitunter den Feldern Entlassmanagement, Gesundheitsförderung, Bedarfe und konzeptionelle Vorschläge zur Weiterentwicklung gewidmet. Letztere haben mit der Krankenwohnung des kmfv schon seine erst praktische Umsetzung erfahren. Im Hinblick auf die Gesundheitsförderung stelle Lenninger fest, dass es in diesem Bereich nur wenige Projekte für wohnungslose Menschen gäbe, da dieser Personenkreis nicht im Fokus stehen würde. Umso wichtiger wären Fachtage wie dieser.
Im ersten Fachvortrag stellte Andrea Wolff, Geschäftsführerin der Landeszentrale für Gesundheit in Bayern fest, dass wir alle hinsichtlich unserer Gesundheit ungleich auf die Welt kommen würden. Zudem hänge unsere Gesundheit auch davon ab, wie wir uns im weiteren Lebensverlauf verhalten. Eigene Handlungen stehen dabei in Wechselwirkungen mit unseren sozialen und kommunalen Netzwerken, unseren Lebens- und Arbeitsbedingungen, der Umwelt, der Wirtschaftslage und weiteren Rahmenbedingungen. Soziale Ungleichheit und weitere Einflüsse führen zudem oftmals zu gesundheitlicher Ungleichheit. Dies zeige ich unter anderem bei der Häufigkeit koronaren Herzkrankheiten, von Übergewicht oder zahnmedizinischer Untersuchungen sowie bei der Affinität, Sport zu treiben in Abhängigkeit vom Bildungsstand der Personen. Hier gelte es früh anzusetzen und dies zu durchbrechen. Gesundheitsförderung sei dabei wichtig, um Menschen zu befähigen mehr Kontrolle über ihre eigene Gesundheit zu erlangen und diese zu verbessern. Um gesundheitliche Chancengleichheit zu erreichen, so Wolf, sind vier Qualitätskriterien für eine gute Praxis ausschlaggebend. Zunächst ist der Zielgruppenbezug entscheidend. Projekte sollten an den Bedarfen der jeweiligen Zielgruppe ausgerichtet sein und nicht per Gießkannenprinzip verteilt werden. Daneben sei es auch wichtig, dass die Menschen sprechend mitgenommen und beteiligt werden. Zudem ist es wichtig, sie zu bestärken und die Selbstorganisation (z. B. Wo bekomme ich das, was ich brauche, um gesünder leben zu können?) zu fördern. Schließlich sei auch die Nachhaltigkeit von Projekten und Maßnahmen wichtig.
Ergänzend dazu ging Dr. Gerd Reifferscheid in seinem Fachvortrag darauf ein, welchen Einfluss soziale Ungleichheit auf die Gesundheit wohnungsloser Menschen hat. Die Lebensbedingungen von wohnungslosen Menschen sind geprägt von einer prekären Wohn- und Finanzsituation sowie von mangelnden Sozialkontakten. Wohnungslose Menschen leben eher zurückgezogen, ernähren sich schlechter, nehmen gesundheitliche Vorsorgemaßnahmen und Gesundheitsleistungen nicht oder kaum wahr, zeigen eine eher mangelnde Compliance im Gesundheitsverhalten und sind stärker von Unfällen betroffen. So können sich körperliche und seelische Erkrankungen manifestieren. Des Weiteren ging Reifferscheid auf den unterschiedlichen Präventionsbegriff in der Wohnungslosenhilfe einerseits und in der Medizin und Gesundheitshilfe andererseits ein. Während in der Wohnungslosenhilfe die Sicherung von Wohnraum und die Gewaltprävention im Vordergrund stehen, sind es in der Medizin und Gesundheitshilfe die Prävention im Krankheitsverlauf (Vermeidung von Erkrankung und Krankheitsausbruch sowie Rehabilitation), Prävention im Bezug auf das Gesundheitsverhalten in der Bevölkerung und der Settingansatz zur Gesundheitsförderung. Hier stellt sich die Frage, ob diese Maßnahmen (z. B. persönliche Kompetenzen entwickeln, gesundheitsbezogene Gemeinschaftsaktionen, gesundheitsförderliche Lebenswelten, Orientierung der Gesundheitsdienste, gesundheitsfördernde Gesamtpolitik) auch die wohnungslosen Menschen erreichen. Hier geben einschlägige Studien jedoch den Hinweis auf mögliche Versorgungsdefizite. Das Forschungsprojekt „Neue Wege in der Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung wohnungsloser Menschen“ sieht sich die Überscheidungspunkte beider Welten an und beleuchtet die Bedarfe an gesundheitsfördernden Maßnahmen, Angebote an Maßnahmen, Bedarfsgruppen und zukünftige Planungen, um hier einen wichtigen Beitrag zu leisten.
> Vortrag von Dr. Gerd Reifferscheid
Abschließend berichtete Vera Richter in ihrem Fachvortrag über die bisherigen Erkenntnisse des Forschungsprojektes. Hierbei ging sie auf die theoretischen Grundlagen, den aktuellen Stand der Forschung, das methodische Vorgehen der Studie und die bisherigen Ergebnisse ein.
Am Nachmittag stellten Prof. Dr. Daniel Niebauer von der Technischen Hochschule Augsburg, Kai Lingenfelder, Projektleiter der Diakonie Düsseldorf, Mag. A. Veronika Götz, Leiterin des Projektes GWFF und Christian Jäger, Einrichtungsleiter des Hauses an der Knorrstraße des kmfv Good-Practice-Beispiele vor, die noch einmal gedanklichen Input für die im Anschluss stattfindenden vier Workshops zur psychosozialen Gesundheit, allgemeinen Gesundheitsförderung, Gesundheitsförderung bei Frauen und Familien sowie Gesundheitsförderung bei Suchterkrankungen lieferten.
> Vortrag von Prof. Dr. Daniel Niebauer
Ergebnisse der vier Workshop zur psychosozialen Gesundheit, Gesundheitsförderung bei Frauen und Familien, Gesundheitsförderung bei Suchterkrankungen und zur Gesundheitsförderung allgemein waren unter anderem, dass es aufsuchende Hilfen und eine zur stationären Behandlung in der Klinik äquivalente Versorgung auch „zuhause“ geben sollte, um Behandlungshürden zu umgehen. Daneben sind multidisziplinäre Team notwendig, um schwerstpsychisch kranke wohnungslose Meschen adäquat betreuen und unterstützen zu können. Zudem wäre ein tagesstrukturierendes Angebot aller Art für diejenigen, die eine sinnstiftende Betätigung haben wollen, hilfreich. Ebenso wurde aufgeführt, dass wohnungslose Menschen mehr Vielfalt und Wahlmöglichkeit bei der Unterbringung haben sollten. Schließlich wurde noch angemerkt, dass die Haltung gegen über den betreuten Menschen das A und O sei. Es sei essenziell wichtig, den Klientinnen und Klienten zuhören zu können. Hierfür benötige es mehr Zeit. Eine zunehmende Verdichtung von Gesprächen sei hier nicht der richtige Weg. Im Hinblick auf die Gesundheitsförderung bei Suchterkrankungen wurden mitunter die aufsuchende Sozialarbeit, genderspezifische Angebote für Frauen, bedarfsgerechte Wohnangebote, die zieloffene Suchtarbeit als fester Bestandteil der Suchthilfe, Niedrigschwelligkeit und der Abbau von Sprachbarrieren als Verbesserungsmöglichkeiten genannt. Die Teilnehmenden des Workshops „Gesundheitsförderung für Frauen und Familien“ hielten unter anderem fest, dass eine Alltagsbegleitung, ein Brückenbau zu den Ärzten, die Weiterbildung von Ärzten in diesem Bereich, um sie auf die unterschiedlichen Bedarfe des Personenkreises vorzubereiten, die Verringerung zusätzlicher Wege, einen vereinfachten Zugang zu Versicherungsleistungen für Menschen ohne Krankenversicherung und Pflegeeinrichtungen für wohnungslose Menschen notwendig wären, um die Gesundheitsförderung für diesen Personenkreis zu verbessern. Schließlich ergänzte die Arbeitsgruppe zur allgemeinen Gesundheitsförderung, dass bezahlbarer Wohnraum, ein Vertrauensaufbau und eine Krankheitseinsicht wesentliche Bestandteile dafür sind, um die Gesundheitsförderung voranzubringen. Zudem seien auch andere, eventuell auch digitale Zugänge sowie eine stärkere Akzeptanz für Betroffene in der Öffentlichkeit notwendig. In allen Workshops gleichermaßen wurde der der Bedarf einer besseren Finanzierung als Notwenigkeit für eine adäquate Versorgung genannt.
Text- und Bildmaterial: Ralf Horschmann, kmfv
Erfolgreicher Fachtag zur Gesundheitsförderung an der KSH
Wohnungslose und obdachlose Menschen leben oft in prekären Lebenslagen und verfügen über wenige gesundheitliche Ressourcen. Ihr Alltag ist von Stressoren und Belastungen geprägt, die ihren Gesundheitszustand negativ beeinflussen. Zudem steht die gesundheitliche Situation in einem wechselseitigen Zusammenhang – sowohl was die Entstehung als auch was die Überwindung von Wohnungslosigkeit angeht. Nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Fachkräfte der Wohnungslosenhilfe stellt der gesundheitliche Zustand ihrer Klientinnen und Klienten verstärkt eine Herausforderung dar, was gelingende Angebote der Gesundheitsförderung zunehmend notwendig macht. Vor diesem Hintergrund war es das Ziel des Fachtages „Gesundheitsförderung bei wohnungslosen und obdachlosen Menschen“, der in Kooperation mit der Koordinierungsstelle für Gesundheitliche Chancengleichheit der Landeszentrale für Gesundheit in Bayern am 26. September am Campus München stattfand, für dieses Thema zu sensibilisieren und Möglichkeiten zu erarbeiten, wie Gesundheitsförderung gelingen kann.
Zu Beginn des Fachtages begrüßte der Prof. Dr. Andreas Schwarz, Vizepräsident für Studium und Lehre der KSH München, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und freute sich auf den „bunten Strauß an Anregungen, des Austausches und der Best-Practice-Beispiele“, die der Fachtag hervorbringen werde. Diese Vorfreude sollte sich dann auch im Verlauf des Tages bestätigen.
In seinem einführenden Grußwort dankte Ludwig Mittermeier, Vorstand des Katholischen Männerfürsorgevereins München e.V. (kmfv), der Forschungsgruppe „Neue Wege in der Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung wohnungsloser Menschen“ um Prof. Dr. Peter Franz Lenninger, Dr. Gerd Reifferscheid und Vera Richter für die Organisation des Fachtages. Für den kmfv ist die Verzahnung von Wissenschaft und Praxis ein wichtiges und zentrales Anliegen. Durch die Forschung, wie z. B. bei der SEEWOLF-Studie, erlange man ein besseres Verständnis für Menschen mit seelischen Belastungen, so Mittermeier. Deswegen habe man sich 2019 sehr darüber gefreut, das Forschungsprojekt gemeinsam mit der KSH starten zu können. Sein Dank galt in diesem Zusammenhang auch der Erzdiözese München und Freising, die das Forschungsprojekt zu 100 Prozent finanziert. Gesundheitsförderung, so Mittermeier weiter, sei ein vielschichtiges Feld. Dies treffe insbesondere auch auf die Gesundheitsförderung bei wohnungslosen Menschen zu. Deren Prävalenzzahlen seien deutlich höher als in der Allgemeinbevölkerung. Oftmals haben wohnungslose Menschen aufgrund ihrer Situation das Gefühl für ihren eigenen Körper verloren und es ist schwierig für sie Hilfsangebote anzunehmen. Daher sei es so wichtig, dass die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe ihnen auf Augenhöhe begegnen und Räume zu schaffen, in denen sie sich stabilisieren können. Der Fachtag soll dabei zu einer bedarfsgerechten Weiterentwicklung der Angebote beitragen.
Im anschließenden Grußwort berichtete Prof. Dr. Lenninger davon, dass das Forschungsprojekt nun in die Endphase übergeht. Im Rahmen des Forschungsprojektes habe man sich mitunter den Feldern Entlassmanagement, Gesundheitsförderung, Bedarfe und konzeptionelle Vorschläge zur Weiterentwicklung gewidmet. Letztere haben mit der Krankenwohnung des kmfv schon seine erst praktische Umsetzung erfahren. Im Hinblick auf die Gesundheitsförderung stelle Lenninger fest, dass es in diesem Bereich nur wenige Projekte für wohnungslose Menschen gäbe, da dieser Personenkreis nicht im Fokus stehen würde. Umso wichtiger wären Fachtage wie dieser.
Im ersten Fachvortrag stellte Andrea Wolff, Geschäftsführerin der Landeszentrale für Gesundheit in Bayern fest, dass wir alle hinsichtlich unserer Gesundheit ungleich auf die Welt kommen würden. Zudem hänge unsere Gesundheit auch davon ab, wie wir uns im weiteren Lebensverlauf verhalten. Eigene Handlungen stehen dabei in Wechselwirkungen mit unseren sozialen und kommunalen Netzwerken, unseren Lebens- und Arbeitsbedingungen, der Umwelt, der Wirtschaftslage und weiteren Rahmenbedingungen. Soziale Ungleichheit und weitere Einflüsse führen zudem oftmals zu gesundheitlicher Ungleichheit. Dies zeige ich unter anderem bei der Häufigkeit koronaren Herzkrankheiten, von Übergewicht oder zahnmedizinischer Untersuchungen sowie bei der Affinität, Sport zu treiben in Abhängigkeit vom Bildungsstand der Personen. Hier gelte es früh anzusetzen und dies zu durchbrechen. Gesundheitsförderung sei dabei wichtig, um Menschen zu befähigen mehr Kontrolle über ihre eigene Gesundheit zu erlangen und diese zu verbessern. Um gesundheitliche Chancengleichheit zu erreichen, so Wolf, sind vier Qualitätskriterien für eine gute Praxis ausschlaggebend. Zunächst ist der Zielgruppenbezug entscheidend. Projekte sollten an den Bedarfen der jeweiligen Zielgruppe ausgerichtet sein und nicht per Gießkannenprinzip verteilt werden. Daneben sei es auch wichtig, dass die Menschen sprechend mitgenommen und beteiligt werden. Zudem ist es wichtig, sie zu bestärken und die Selbstorganisation (z. B. Wo bekomme ich das, was ich brauche, um gesünder leben zu können?) zu fördern. Schließlich sei auch die Nachhaltigkeit von Projekten und Maßnahmen wichtig.
Ergänzend dazu ging Dr. Gerd Reifferscheid in seinem Fachvortrag darauf ein, welchen Einfluss soziale Ungleichheit auf die Gesundheit wohnungsloser Menschen hat. Die Lebensbedingungen von wohnungslosen Menschen sind geprägt von einer prekären Wohn- und Finanzsituation sowie von mangelnden Sozialkontakten. Wohnungslose Menschen leben eher zurückgezogen, ernähren sich schlechter, nehmen gesundheitliche Vorsorgemaßnahmen und Gesundheitsleistungen nicht oder kaum wahr, zeigen eine eher mangelnde Compliance im Gesundheitsverhalten und sind stärker von Unfällen betroffen. So können sich körperliche und seelische Erkrankungen manifestieren. Des Weiteren ging Reifferscheid auf den unterschiedlichen Präventionsbegriff in der Wohnungslosenhilfe einerseits und in der Medizin und Gesundheitshilfe andererseits ein. Während in der Wohnungslosenhilfe die Sicherung von Wohnraum und die Gewaltprävention im Vordergrund stehen, sind es in der Medizin und Gesundheitshilfe die Prävention im Krankheitsverlauf (Vermeidung von Erkrankung und Krankheitsausbruch sowie Rehabilitation), Prävention im Bezug auf das Gesundheitsverhalten in der Bevölkerung und der Settingansatz zur Gesundheitsförderung. Hier stellt sich die Frage, ob diese Maßnahmen (z. B. persönliche Kompetenzen entwickeln, gesundheitsbezogene Gemeinschaftsaktionen, gesundheitsförderliche Lebenswelten, Orientierung der Gesundheitsdienste, gesundheitsfördernde Gesamtpolitik) auch die wohnungslosen Menschen erreichen. Hier geben einschlägige Studien jedoch den Hinweis auf mögliche Versorgungsdefizite. Das Forschungsprojekt „Neue Wege in der Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung wohnungsloser Menschen“ sieht sich die Überscheidungspunkte beider Welten an und beleuchtet die Bedarfe an gesundheitsfördernden Maßnahmen, Angebote an Maßnahmen, Bedarfsgruppen und zukünftige Planungen, um hier einen wichtigen Beitrag zu leisten.
> Vortrag von Dr. Gerd Reifferscheid
Abschließend berichtete Vera Richter in ihrem Fachvortrag über die bisherigen Erkenntnisse des Forschungsprojektes. Hierbei ging sie auf die theoretischen Grundlagen, den aktuellen Stand der Forschung, das methodische Vorgehen der Studie und die bisherigen Ergebnisse ein.
Am Nachmittag stellten Prof. Dr. Daniel Niebauer von der Technischen Hochschule Augsburg, Kai Lingenfelder, Projektleiter der Diakonie Düsseldorf, Mag. A. Veronika Götz, Leiterin des Projektes GWFF und Christian Jäger, Einrichtungsleiter des Hauses an der Knorrstraße des kmfv Good-Practice-Beispiele vor, die noch einmal gedanklichen Input für die im Anschluss stattfindenden vier Workshops zur psychosozialen Gesundheit, allgemeinen Gesundheitsförderung, Gesundheitsförderung bei Frauen und Familien sowie Gesundheitsförderung bei Suchterkrankungen lieferten.
> Vortrag von Prof. Dr. Daniel Niebauer
Ergebnisse der vier Workshop zur psychosozialen Gesundheit, Gesundheitsförderung bei Frauen und Familien, Gesundheitsförderung bei Suchterkrankungen und zur Gesundheitsförderung allgemein waren unter anderem, dass es aufsuchende Hilfen und eine zur stationären Behandlung in der Klinik äquivalente Versorgung auch „zuhause“ geben sollte, um Behandlungshürden zu umgehen. Daneben sind multidisziplinäre Team notwendig, um schwerstpsychisch kranke wohnungslose Meschen adäquat betreuen und unterstützen zu können. Zudem wäre ein tagesstrukturierendes Angebot aller Art für diejenigen, die eine sinnstiftende Betätigung haben wollen, hilfreich. Ebenso wurde aufgeführt, dass wohnungslose Menschen mehr Vielfalt und Wahlmöglichkeit bei der Unterbringung haben sollten. Schließlich wurde noch angemerkt, dass die Haltung gegen über den betreuten Menschen das A und O sei. Es sei essenziell wichtig, den Klientinnen und Klienten zuhören zu können. Hierfür benötige es mehr Zeit. Eine zunehmende Verdichtung von Gesprächen sei hier nicht der richtige Weg. Im Hinblick auf die Gesundheitsförderung bei Suchterkrankungen wurden mitunter die aufsuchende Sozialarbeit, genderspezifische Angebote für Frauen, bedarfsgerechte Wohnangebote, die zieloffene Suchtarbeit als fester Bestandteil der Suchthilfe, Niedrigschwelligkeit und der Abbau von Sprachbarrieren als Verbesserungsmöglichkeiten genannt. Die Teilnehmenden des Workshops „Gesundheitsförderung für Frauen und Familien“ hielten unter anderem fest, dass eine Alltagsbegleitung, ein Brückenbau zu den Ärzten, die Weiterbildung von Ärzten in diesem Bereich, um sie auf die unterschiedlichen Bedarfe des Personenkreises vorzubereiten, die Verringerung zusätzlicher Wege, einen vereinfachten Zugang zu Versicherungsleistungen für Menschen ohne Krankenversicherung und Pflegeeinrichtungen für wohnungslose Menschen notwendig wären, um die Gesundheitsförderung für diesen Personenkreis zu verbessern. Schließlich ergänzte die Arbeitsgruppe zur allgemeinen Gesundheitsförderung, dass bezahlbarer Wohnraum, ein Vertrauensaufbau und eine Krankheitseinsicht wesentliche Bestandteile dafür sind, um die Gesundheitsförderung voranzubringen. Zudem seien auch andere, eventuell auch digitale Zugänge sowie eine stärkere Akzeptanz für Betroffene in der Öffentlichkeit notwendig. In allen Workshops gleichermaßen wurde der der Bedarf einer besseren Finanzierung als Notwenigkeit für eine adäquate Versorgung genannt.
Text- und Bildmaterial: Ralf Horschmann, kmfv