3-teilige Veranstaltungsreihe: Was kommt noch?! Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung
„Was kommt noch?!“ – Frage oder Aussage? Jedenfalls doppeldeutig: Was bringt die Zukunft? Kommt noch etwas Gutes, Anregendes, Sinnvolles? Oder wird alles eher noch schlimmer? Die Corona-Pandemie, Umweltkatastrophen und Kriege weltweit verunsichern gerade viele Kinder und Jugendliche; das Vertrauen in gesellschaftliche, religiöse wie politische Institutionen scheint erschüttert. Gerade die Zeit des Lockdowns hat nicht nur das Sozialverhalten verändert, sondern zeigt vielfältige Auswirkungen, die professionell Handelnde besonders herausfordern.
Was beschäftigt und verunsichert heute Kinder und Jugendliche? Wovon träumen sie und was wünschen sie sich von der Zukunft? Welche Maßnahmen und Angebote müssen jetzt entwickelt und durchgeführt werden, um eine hoffnungsvolle Zukunft mit den Heranwachsenden zu gestalten? Um diese Themen praxisnah anzugehen, haben die Initiatoren der Veranstaltungsreihe - die Katholische Stiftungshochschule München, das Landeskomitee der Katholiken in Bayern und die Salesianer Don Boscos - Jugendliche eingeladen und sie gebeten, ihre Fragen und Wünsche zu formulieren und vorzustellen. So entstand ein gemeinsames Projekt mit der Zielgruppe, um die es bei den drei Veranstaltungen in der Hauptsache geht – rückgebunden, authentisch, profiliert.
Die dreiteilige Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung", die am 16. Mai am Campus München der KSH ihren Auftakt hatte, versteht sich als ein kommunikatives Forum mit fachkompetenten ReferentInnen aus Forschung und Praxis, VertreterInnen aus Politik und Kirche sowie mit Ihnen. Wir möchten uns mit Ihnen austauschen, neue Perspektiven entwerfen, Forderungen an Kirche und Gesellschaft formulieren. Überzeugende Praxismodelle sollen Anregungen geben und Impulse vermitteln.
SAVE THE DATE: Die zwei weiteren Fachtage finden am 19. September (Dienstag) und am 22. November (Mittwoch) statt, immer von 9.30 bis 16.30 Uhr im Ellen-Ammann-Seminarhaus am Campus der Katholischen Stiftungshochschule München, Preysingstraße 95, 81667 München. Weitere Informationen zum Programm der beiden Fachtage finden Sie zum gegebenen Zeitpunkt auf der Startseite unserer Webpage.
Erster Fachtag am 16. Mai: „Wir möchten ernstgenommen werden!“
Auf der folgenden Webseite geben wir Ihnen einen inhaltlichen Einblick in das Programm unseres ersten Fachtags am 16. Mai - entlang eines Nachberichts, einer Bildgalerie und von vier Videos, in denen vier Jugendliche und eine Erzieherin über ihre Lebenswelt und ihre aktuellen Erfahrungen berichten.
„Es macht mir Angst. Ich glaube, es macht sogar jedem Angst, wenn dir gesagt wird, dass mittlerweile mehrere Prozente an Land verschwinden“, sagt Zakaria Abdullahi Hassan. Die Worte des 18-Jährigen sind eindrücklich. Es ist eine der Stimmen von jungen Menschen, die den ersten Fachtag der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung“ einleiten. Die Katholische Stiftungshochschule München (KSH), das Landeskomitee der Katholiken in Bayern und die Salesianer Don Boscos veranstalten diese Reihe und möchten in diesem Rahmen ein Forum für den Dialog bieten: Was beschäftigt junge Menschen? Welche Ängste haben sie angesichts der großen, globalen Krisen wie Corona, Krieg und Klimawandel? Und vor allem: Wie kann eine hoffnungsvolle Zukunft zusammen mit der jungen Generation gestaltet werden?
Zu dem ersten Fachtag, der am 16. Mai in der Katholischen Stiftungshochschule in Haidhausen München stattfand, kamen rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, vorwiegend Fachkräfte aus sozialen Einrichtungen, aber auch aus Verbänden und Kommunen. Doch es gab auch junge Menschen, die sich in die Diskussionen einbringen konnten und vor allem zu Beginn in Video- und persönlichen Interviews ganz deutlich machten: „Wir wollen ernst genommen werden!“ Nicht nur Zakaria Abdullahi Hassan, der sich im Jugendhaus Schwabing engagiert, sondern auch die Schülerinnen Elena Forster (16) und Lena Krücker (15) vom Erzbischöflichen Edith-Stein-Gymnasium sowie der Student Martin Thoma (19), der an der KSH Soziale Arbeit studiert, konnten digital und vor dem Fachtags-Publikum ihre Bedenken äußern, die besonders den Klimawandel als existenzielle Bedrohung wahrnehmen. Dass bereits in der frühkindlichen Erziehung angesetzt werden müsse, unterstrich die Erzieherin Saskia Abbas-Kleinz (41), die am Katholischen Schutzengelkinderhaus in Eichenau eine Integrationsgruppe leitet. Sie betonte, dass sich die Folgen der Corona-Pandemie noch an den Kindern zeige, denn viele würden Probleme mit der Eingewöhnung und im Bereich der Sozialkompetenz haben. Die Videos, die auf dem Fachtag gezeigt wurden, finden sich weiter unten auf dieser Website.
Diese persönlichen Eindrücke wurden in einem Fachvortrag von Prof. Dr. Sylva Liebenwein, Professorin für Pädagogik und Soziale Arbeit an der KSH, untermauert. Sie bezog sich unter anderem auf die Barmer Sinus-Studie, in der milieuspezifisch Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren unter anderem zu Zukunftssorgen befragt wurden. Und die Zahlen machten deutlich: Die Zukunftsängste junger Menschen sind gestiegen. Im Jahr 2022 blickten unter den Befragten nur noch 35 Prozent optimistisch auf die Weltsituation, im Vorjahr waren es noch neun Prozent mehr. Besonders belastend seien hierbei Kriege, Klimawandel, Umweltverschmutzung und die Energiekrise.
Mit der Feststellung dieser Verunsicherungen ging es in die Diskussion. In unterschiedlichen Arbeitsgruppen wurde debattiert und konkrete Forderungen erarbeitet. Die fünf Gesprächsrunden setzten unterschiedliche Schwerpunkte: „Psychischer Belastungen und bildungsbezogene Ungleichheiten“ (Prof. Dr. Sylva Liebenwein, KSH), „Krise als Chance – Werte für die Demokratie“ (Florian Wenzel, Gründer und Inhaber peripheria), „Milieuspezifische Zugänge“ (Prof. Dr. Andreas Kirchner, KSH München), „Junge Menschen in eine hoffnungsvolle Zukunft begleiten – Ansätze aus der Praxis“ (P. Stefan Stöhr SDB, Salesianer Don Boscos) und „What’s up, Generation Z – Lifestyles zwischen Aufbruch und Krisen“ (Markus Bloch, Bereichsleiter im Erzbischöflichen Jugendamt für OKJA und Schulsozialarbeit der Krisen).
Dabei entstand ein breiter Fächer an Forderungen, darunter der Wunsch nach einer besseren Verteilung der Gelder, weniger bürokratischer Aufwand, besserer psychologischer Versorgung von Kindern und Jugendlichen und vor allem – mehr Partizipation von jungen Menschen an politischen Entscheidungen. Die Wünsche und Forderungen wurden im Anschluss direkt an die Politik gerichtet: Ulrike Scharf, Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales (CSU), tauschte sich am Nachmittag mit den Gruppen aus. Und auch ihr wurde deutlich, dass junge Menschen politisch mehr mitbestimmen wollen: „Das hat sich wirklich für mich auch nochmal verstärkt: die Beteiligung von jungen Menschen an politischen Entscheidungen und an ihren Zukunftsperspektiven“, sagte Scharf und betonte: „Dass sie ernst genommen werden mit ihren Sorgen, mit ihren Ängsten, aber auch mit ihren Vorstellungen von Zukunft, ist eines, was ich mitnehme.“ Dabei wolle sie konkret dafür sorgen, dass die Jugendsozialarbeit an den Schulen intensiv ausgebaut werden solle.
Ausblick und Fazit: Prof. Dr. Andreas Schwarz, Vizepräsident für Studium und Lehre an der KSH, der den Tag moderierte, betonte am Ende, auch in Hinblick auf den zweiten Fachtag, der am 19. September stattfinden soll, dass alle Teilnehmenden mit „Hausaufgaben“ zurück in ihren Arbeitsalltag kehren sollen. Mit dem Fokus auf das, was bereits gut in der Praxis läuft und wie mit Herausforderungen umgegangen wird, sollen auf Basis der identifizierten Verunsicherungen mögliche Maßnahmen gesammelt werden und bei der nächsten Zusammenkunft Gegenstand der Diskussion sein. Der Student Martin Thoma, der zu Beginn der Veranstaltung von seinen Verunsicherungen sprach, ist nach diesem Tag optimistisch gestimmt: „Für mich war ersichtlich, dass die Menschen, die heute hier zusammengekommen sind, auf jeden Fall ein Interesse daran haben, zuzuhören und produktiv zusammen zu arbeiten, um was zu schaffen, was uns weiterbringt“, sagte er. „Ich denke, dass wir heute ein Stück weit an Anfang gelegt haben für das, was eigentlich in der Politik passieren sollte, also im Dialog arbeiten und zusammen, produktive Diskussionen zu führen.“
Alle Bilder: Klaus D. Wolf
Im Video: Corona, Krieg und Klimawandel – vier Jugendliche und eine Erzieherin erzählen, was sie bewegt
Wie gehen junge Menschen mit den großen Krisen unserer Zeit um? – Vier Jugendliche und eine Erzieherin geben Einblicke in ihre Lebenswelt: in die Kita, die Uni, die Schule und in einen Jugendtreff. Wie haben sie die Corona-Zeit erlebt? Was denken sie über den Krieg in der Ukraine? Und wie gehen sie mit dem Klimawandel um? Sie erzählen, was sie beschäftigt, was sie verunsichert und was sie sich wünschen. Es sind die Stimmen von jungen Menschen, die den ersten Fachtag der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! – Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung“ eingeleitet haben - und die wir Ihnen nun hier gebündelt auf dieser Webseite zur Verfügung stellen.
Alle Videos: Eine Produktion vom Michaelsbund
Redaktion: Eileen Kelpe
Kamera und Schnitt: Magdalena Rössert, Stefan Stelzer
Katholisches Schutzengelkinderhaus, Eichenau
Saskia Abbas-Kleinz, Erzieherin, 41 Jahre alt
„Ich hatte oft das Gefühl, als wäre man verheizt worden“, sagt Saskia Abbas-Kleinz. Die 41-Jährige ist seit mehr als vier Jahren Erzieherin im Katholischen Schutzengelkinderhaus in Eichenau. Besonders prägend war für sie die Corona-Pandemie, eine „chaotische Zeit“, wie sie selbst erzählt. Als Erzieherin fühlte sie sich von der Politik alleingelassen, musste mit ansehen, wie Kinder Ängste entwickelten und wie praxisfern viele Regelungen für sie und ihre Kolleginnen waren. Der Alltag ist heute unbeschwerter – trotzdem hat die Pandemie ihre Spuren hinterlassen, vor allem bei den Kindern.
Fachtag "Was kommt noch?!": Interview mit Erzieherin Saskia Abbas-Kleinz
Erzbischöfliches Edith-Stein-Gymnasium, München
Elena Forster, 10. Klasse, 16 Jahre alt & Lena Krücker, 10. Klasse, 15 Jahre alt
„Ich glaube, dass oft die Stimmen nicht so gehört wurden, wie sie hätten gehört werden sollen“, sagt Lena. Auch Elena pflichtet ihr bei. Die Schülerinnen besuchen die 10. Klasse und sie erinnern sich noch sehr genau an die Zeit, in der Schule nur vor dem Laptop standfand. Sie erzählen, dass viele in der Schule den Anschluss verloren haben. Doch aktuell beschäftigt sie besonders der Klimawandel: Mit der ganzen Klasse gehen sie oft auf „Fridays for Future“-Demos und setzen sich für eine klimagerechte Welt ein. Dabei wünschen sie sich vor allem eines: dass sie von der Politik endlich ernst genommen werden.
Fachtag "Was kommt noch?!": Interview mit den beiden Schülerinnen Elena Forster und Lena Krücker
Jugendhaus Schwabing, München
Zakaria Abdullahi Hassan, 18 Jahre alt
„In dieser Zeit, gab es keine andere Sache, die mich so belastet hat wie das Homeschooling“, sagt Zakaria. Der 18-Jährige empfand die Corona-Zeit als „sehr stressig“. Er wollte seine Freunde sehen, Fußball spielen und nicht „eingesperrt sein“, wie er selbst sagt. Doch auch der Krieg und das Klima belasten den Jugendlichen und machen ihm Angst. Im Jugendhaus Schwabing, wo er jetzt wieder regelmäßig hingehen kann, fühlt er sich gut aufgehoben, engagiert sich und kann für einige Stunden die großen Krisen vergessen. Auch die Religion gibt ihm in diesen unsicheren Zeiten Halt.
Fachtag "Was kommt noch?!": Interview mit Zakaria Abdullahi Hassan
Katholische Stiftungshochschule München
Martin Thoma, 19 Jahre alt
„Das sind Entwicklungen, die ich einfach beängstigend finde“, sagt Martin Thoma. Er studiert an der KSH Soziale Arbeit, engagiert sich politisch und blickt unruhig auf die Dinge, die in der Welt passieren. Der Krieg, die Nachwirkungen der Pandemie und der Klimawandel – all das beschäftigt ihn und seine Mitstudierenden. Doch auch er findet, dass ihre Stimmen nicht ernst genommen werden. Er erzählt, dass viele ewig auf die Heizkostenpauschale und den Coronabonus warten mussten, um sich über Wasser zu halten. „Man fühlt sich im Stich gelassen“, sagt er.
Fachtag "Was kommt noch?!": Interview mit Student Martin Thoma
3-teilige Veranstaltungsreihe: Was kommt noch?! Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung
„Was kommt noch?!“ – Frage oder Aussage? Jedenfalls doppeldeutig: Was bringt die Zukunft? Kommt noch etwas Gutes, Anregendes, Sinnvolles? Oder wird alles eher noch schlimmer? Die Corona-Pandemie, Umweltkatastrophen und Kriege weltweit verunsichern gerade viele Kinder und Jugendliche; das Vertrauen in gesellschaftliche, religiöse wie politische Institutionen scheint erschüttert. Gerade die Zeit des Lockdowns hat nicht nur das Sozialverhalten verändert, sondern zeigt vielfältige Auswirkungen, die professionell Handelnde besonders herausfordern.
Was beschäftigt und verunsichert heute Kinder und Jugendliche? Wovon träumen sie und was wünschen sie sich von der Zukunft? Welche Maßnahmen und Angebote müssen jetzt entwickelt und durchgeführt werden, um eine hoffnungsvolle Zukunft mit den Heranwachsenden zu gestalten? Um diese Themen praxisnah anzugehen, haben die Initiatoren der Veranstaltungsreihe - die Katholische Stiftungshochschule München, das Landeskomitee der Katholiken in Bayern und die Salesianer Don Boscos - Jugendliche eingeladen und sie gebeten, ihre Fragen und Wünsche zu formulieren und vorzustellen. So entstand ein gemeinsames Projekt mit der Zielgruppe, um die es bei den drei Veranstaltungen in der Hauptsache geht – rückgebunden, authentisch, profiliert.
Die dreiteilige Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung", die am 16. Mai am Campus München der KSH ihren Auftakt hatte, versteht sich als ein kommunikatives Forum mit fachkompetenten ReferentInnen aus Forschung und Praxis, VertreterInnen aus Politik und Kirche sowie mit Ihnen. Wir möchten uns mit Ihnen austauschen, neue Perspektiven entwerfen, Forderungen an Kirche und Gesellschaft formulieren. Überzeugende Praxismodelle sollen Anregungen geben und Impulse vermitteln.
SAVE THE DATE: Die zwei weiteren Fachtage finden am 19. September (Dienstag) und am 22. November (Mittwoch) statt, immer von 9.30 bis 16.30 Uhr im Ellen-Ammann-Seminarhaus am Campus der Katholischen Stiftungshochschule München, Preysingstraße 95, 81667 München. Weitere Informationen zum Programm der beiden Fachtage finden Sie zum gegebenen Zeitpunkt auf der Startseite unserer Webpage.
Erster Fachtag am 16. Mai: „Wir möchten ernstgenommen werden!“
Auf der folgenden Webseite geben wir Ihnen einen inhaltlichen Einblick in das Programm unseres ersten Fachtags am 16. Mai - entlang eines Nachberichts, einer Bildgalerie und von vier Videos, in denen vier Jugendliche und eine Erzieherin über ihre Lebenswelt und ihre aktuellen Erfahrungen berichten.
„Es macht mir Angst. Ich glaube, es macht sogar jedem Angst, wenn dir gesagt wird, dass mittlerweile mehrere Prozente an Land verschwinden“, sagt Zakaria Abdullahi Hassan. Die Worte des 18-Jährigen sind eindrücklich. Es ist eine der Stimmen von jungen Menschen, die den ersten Fachtag der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung“ einleiten. Die Katholische Stiftungshochschule München (KSH), das Landeskomitee der Katholiken in Bayern und die Salesianer Don Boscos veranstalten diese Reihe und möchten in diesem Rahmen ein Forum für den Dialog bieten: Was beschäftigt junge Menschen? Welche Ängste haben sie angesichts der großen, globalen Krisen wie Corona, Krieg und Klimawandel? Und vor allem: Wie kann eine hoffnungsvolle Zukunft zusammen mit der jungen Generation gestaltet werden?
Zu dem ersten Fachtag, der am 16. Mai in der Katholischen Stiftungshochschule in Haidhausen München stattfand, kamen rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, vorwiegend Fachkräfte aus sozialen Einrichtungen, aber auch aus Verbänden und Kommunen. Doch es gab auch junge Menschen, die sich in die Diskussionen einbringen konnten und vor allem zu Beginn in Video- und persönlichen Interviews ganz deutlich machten: „Wir wollen ernst genommen werden!“ Nicht nur Zakaria Abdullahi Hassan, der sich im Jugendhaus Schwabing engagiert, sondern auch die Schülerinnen Elena Forster (16) und Lena Krücker (15) vom Erzbischöflichen Edith-Stein-Gymnasium sowie der Student Martin Thoma (19), der an der KSH Soziale Arbeit studiert, konnten digital und vor dem Fachtags-Publikum ihre Bedenken äußern, die besonders den Klimawandel als existenzielle Bedrohung wahrnehmen. Dass bereits in der frühkindlichen Erziehung angesetzt werden müsse, unterstrich die Erzieherin Saskia Abbas-Kleinz (41), die am Katholischen Schutzengelkinderhaus in Eichenau eine Integrationsgruppe leitet. Sie betonte, dass sich die Folgen der Corona-Pandemie noch an den Kindern zeige, denn viele würden Probleme mit der Eingewöhnung und im Bereich der Sozialkompetenz haben. Die Videos, die auf dem Fachtag gezeigt wurden, finden sich weiter unten auf dieser Website.
Diese persönlichen Eindrücke wurden in einem Fachvortrag von Prof. Dr. Sylva Liebenwein, Professorin für Pädagogik und Soziale Arbeit an der KSH, untermauert. Sie bezog sich unter anderem auf die Barmer Sinus-Studie, in der milieuspezifisch Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren unter anderem zu Zukunftssorgen befragt wurden. Und die Zahlen machten deutlich: Die Zukunftsängste junger Menschen sind gestiegen. Im Jahr 2022 blickten unter den Befragten nur noch 35 Prozent optimistisch auf die Weltsituation, im Vorjahr waren es noch neun Prozent mehr. Besonders belastend seien hierbei Kriege, Klimawandel, Umweltverschmutzung und die Energiekrise.
Mit der Feststellung dieser Verunsicherungen ging es in die Diskussion. In unterschiedlichen Arbeitsgruppen wurde debattiert und konkrete Forderungen erarbeitet. Die fünf Gesprächsrunden setzten unterschiedliche Schwerpunkte: „Psychischer Belastungen und bildungsbezogene Ungleichheiten“ (Prof. Dr. Sylva Liebenwein, KSH), „Krise als Chance – Werte für die Demokratie“ (Florian Wenzel, Gründer und Inhaber peripheria), „Milieuspezifische Zugänge“ (Prof. Dr. Andreas Kirchner, KSH München), „Junge Menschen in eine hoffnungsvolle Zukunft begleiten – Ansätze aus der Praxis“ (P. Stefan Stöhr SDB, Salesianer Don Boscos) und „What’s up, Generation Z – Lifestyles zwischen Aufbruch und Krisen“ (Markus Bloch, Bereichsleiter im Erzbischöflichen Jugendamt für OKJA und Schulsozialarbeit der Krisen).
Dabei entstand ein breiter Fächer an Forderungen, darunter der Wunsch nach einer besseren Verteilung der Gelder, weniger bürokratischer Aufwand, besserer psychologischer Versorgung von Kindern und Jugendlichen und vor allem – mehr Partizipation von jungen Menschen an politischen Entscheidungen. Die Wünsche und Forderungen wurden im Anschluss direkt an die Politik gerichtet: Ulrike Scharf, Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales (CSU), tauschte sich am Nachmittag mit den Gruppen aus. Und auch ihr wurde deutlich, dass junge Menschen politisch mehr mitbestimmen wollen: „Das hat sich wirklich für mich auch nochmal verstärkt: die Beteiligung von jungen Menschen an politischen Entscheidungen und an ihren Zukunftsperspektiven“, sagte Scharf und betonte: „Dass sie ernst genommen werden mit ihren Sorgen, mit ihren Ängsten, aber auch mit ihren Vorstellungen von Zukunft, ist eines, was ich mitnehme.“ Dabei wolle sie konkret dafür sorgen, dass die Jugendsozialarbeit an den Schulen intensiv ausgebaut werden solle.
Ausblick und Fazit: Prof. Dr. Andreas Schwarz, Vizepräsident für Studium und Lehre an der KSH, der den Tag moderierte, betonte am Ende, auch in Hinblick auf den zweiten Fachtag, der am 19. September stattfinden soll, dass alle Teilnehmenden mit „Hausaufgaben“ zurück in ihren Arbeitsalltag kehren sollen. Mit dem Fokus auf das, was bereits gut in der Praxis läuft und wie mit Herausforderungen umgegangen wird, sollen auf Basis der identifizierten Verunsicherungen mögliche Maßnahmen gesammelt werden und bei der nächsten Zusammenkunft Gegenstand der Diskussion sein. Der Student Martin Thoma, der zu Beginn der Veranstaltung von seinen Verunsicherungen sprach, ist nach diesem Tag optimistisch gestimmt: „Für mich war ersichtlich, dass die Menschen, die heute hier zusammengekommen sind, auf jeden Fall ein Interesse daran haben, zuzuhören und produktiv zusammen zu arbeiten, um was zu schaffen, was uns weiterbringt“, sagte er. „Ich denke, dass wir heute ein Stück weit an Anfang gelegt haben für das, was eigentlich in der Politik passieren sollte, also im Dialog arbeiten und zusammen, produktive Diskussionen zu führen.“
Alle Bilder: Klaus D. Wolf
Im Video: Corona, Krieg und Klimawandel – vier Jugendliche und eine Erzieherin erzählen, was sie bewegt
Wie gehen junge Menschen mit den großen Krisen unserer Zeit um? – Vier Jugendliche und eine Erzieherin geben Einblicke in ihre Lebenswelt: in die Kita, die Uni, die Schule und in einen Jugendtreff. Wie haben sie die Corona-Zeit erlebt? Was denken sie über den Krieg in der Ukraine? Und wie gehen sie mit dem Klimawandel um? Sie erzählen, was sie beschäftigt, was sie verunsichert und was sie sich wünschen. Es sind die Stimmen von jungen Menschen, die den ersten Fachtag der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! – Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung“ eingeleitet haben - und die wir Ihnen nun hier gebündelt auf dieser Webseite zur Verfügung stellen.
Alle Videos: Eine Produktion vom Michaelsbund
Redaktion: Eileen Kelpe
Kamera und Schnitt: Magdalena Rössert, Stefan Stelzer
Katholisches Schutzengelkinderhaus, Eichenau
Saskia Abbas-Kleinz, Erzieherin, 41 Jahre alt
„Ich hatte oft das Gefühl, als wäre man verheizt worden“, sagt Saskia Abbas-Kleinz. Die 41-Jährige ist seit mehr als vier Jahren Erzieherin im Katholischen Schutzengelkinderhaus in Eichenau. Besonders prägend war für sie die Corona-Pandemie, eine „chaotische Zeit“, wie sie selbst erzählt. Als Erzieherin fühlte sie sich von der Politik alleingelassen, musste mit ansehen, wie Kinder Ängste entwickelten und wie praxisfern viele Regelungen für sie und ihre Kolleginnen waren. Der Alltag ist heute unbeschwerter – trotzdem hat die Pandemie ihre Spuren hinterlassen, vor allem bei den Kindern.
Fachtag "Was kommt noch?!": Interview mit Erzieherin Saskia Abbas-Kleinz
Erzbischöfliches Edith-Stein-Gymnasium, München
Elena Forster, 10. Klasse, 16 Jahre alt & Lena Krücker, 10. Klasse, 15 Jahre alt
„Ich glaube, dass oft die Stimmen nicht so gehört wurden, wie sie hätten gehört werden sollen“, sagt Lena. Auch Elena pflichtet ihr bei. Die Schülerinnen besuchen die 10. Klasse und sie erinnern sich noch sehr genau an die Zeit, in der Schule nur vor dem Laptop standfand. Sie erzählen, dass viele in der Schule den Anschluss verloren haben. Doch aktuell beschäftigt sie besonders der Klimawandel: Mit der ganzen Klasse gehen sie oft auf „Fridays for Future“-Demos und setzen sich für eine klimagerechte Welt ein. Dabei wünschen sie sich vor allem eines: dass sie von der Politik endlich ernst genommen werden.
Fachtag "Was kommt noch?!": Interview mit den beiden Schülerinnen Elena Forster und Lena Krücker
Jugendhaus Schwabing, München
Zakaria Abdullahi Hassan, 18 Jahre alt
„In dieser Zeit, gab es keine andere Sache, die mich so belastet hat wie das Homeschooling“, sagt Zakaria. Der 18-Jährige empfand die Corona-Zeit als „sehr stressig“. Er wollte seine Freunde sehen, Fußball spielen und nicht „eingesperrt sein“, wie er selbst sagt. Doch auch der Krieg und das Klima belasten den Jugendlichen und machen ihm Angst. Im Jugendhaus Schwabing, wo er jetzt wieder regelmäßig hingehen kann, fühlt er sich gut aufgehoben, engagiert sich und kann für einige Stunden die großen Krisen vergessen. Auch die Religion gibt ihm in diesen unsicheren Zeiten Halt.
Fachtag "Was kommt noch?!": Interview mit Zakaria Abdullahi Hassan
Katholische Stiftungshochschule München
Martin Thoma, 19 Jahre alt
„Das sind Entwicklungen, die ich einfach beängstigend finde“, sagt Martin Thoma. Er studiert an der KSH Soziale Arbeit, engagiert sich politisch und blickt unruhig auf die Dinge, die in der Welt passieren. Der Krieg, die Nachwirkungen der Pandemie und der Klimawandel – all das beschäftigt ihn und seine Mitstudierenden. Doch auch er findet, dass ihre Stimmen nicht ernst genommen werden. Er erzählt, dass viele ewig auf die Heizkostenpauschale und den Coronabonus warten mussten, um sich über Wasser zu halten. „Man fühlt sich im Stich gelassen“, sagt er.