3-teilige Veranstaltungsreihe: Was kommt noch?! Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung
„Was kommt noch?!“ – Frage oder Aussage? Jedenfalls doppeldeutig: Was bringt die Zukunft? Kommt noch etwas Gutes, Anregendes, Sinnvolles? Oder wird alles eher noch schlimmer? Die Corona-Pandemie, Umweltkatastrophen und Kriege weltweit verunsichern gerade viele Kinder und Jugendliche; das Vertrauen in gesellschaftliche, religiöse wie politische Institutionen scheint erschüttert. Gerade die Zeit des Lockdowns hat nicht nur das Sozialverhalten verändert, sondern zeigt vielfältige Auswirkungen, die professionell Handelnde besonders herausfordern.
Was beschäftigt und verunsichert heute Kinder und Jugendliche? Wovon träumen sie und was wünschen sie sich von der Zukunft? Welche Maßnahmen und Angebote müssen jetzt entwickelt und durchgeführt werden, um eine hoffnungsvolle Zukunft mit den Heranwachsenden zu gestalten? Um diese Themen praxisnah anzugehen, haben die Initiatoren der Veranstaltungsreihe - die Katholische Stiftungshochschule München, das Landeskomitee der Katholiken in Bayern und die Salesianer Don Boscos - Jugendliche eingeladen und sie gebeten, ihre Fragen und Wünsche zu formulieren und vorzustellen. So entstand ein gemeinsames Projekt mit der Zielgruppe, um die es bei den drei Veranstaltungen in der Hauptsache geht – rückgebunden, authentisch, profiliert.
Die dreiteilige Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung", die am 16. Mai am Campus München der KSH ihren Auftakt hatte, versteht sich als ein kommunikatives Forum mit fachkompetenten ReferentInnen aus Forschung und Praxis, VertreterInnen aus Politik und Kirche. Gemeinsam mit allen Teilnehmenden wurden neue Perspektiven entworfen und Forderungen an Kirche und Gesellschaft formuliert. Überzeugende Praxismodelle lieferten dafür die Anregung oder gaben Impulse. Am 22. November fand der dritte und letzte Fachtag statt. Lesen Sie auf dieser Webseite die Nachberichte zu den einzelnen Veranstaltungstagen und klicken Sie sich auch gerne auf die Videos!
Dritter Fachtag am 22. November: Mut, die Zukunft zu gestalten
Probleme und Krisen brauchen Lösungen: Zum Abschluss der Fachtagsreihe „Was kommt noch?! – Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung“ steht nun eine Charta mit 21 Forderungen.
Wenn Jugendliche sich politisch engagieren, tun sie es dann falsch? Können multiprofessionelle Teams in der Sozialen Arbeit den Fachkräftemangel abmildern? Ist in einer Gesellschaft im Krisenmodus Partizipation überhaupt möglich? – Der dritte Fachtag am 22. November an der Katholischen Stiftungshochschule begann mit neun Thesen, vielen Fragezeichen und einem großen Ziel: „Wir wollen Forderungen an die Politik, die Kirche, die Gesellschaft und an uns stellen“, leitete Prof. Dr. Andreas Schwarz, Vizepräsident für Studium und Lehre an der KSH, den Tag ein. Bereits an den vergangenen zwei Fachtagen wurde intensiv auf die Bedarfe von Kindern und Jugendlichen geschaut und wie die großen Verunsicherungen und aktuellen Krisen sie beeinflussen. Dazu wurden inspirierende Praxismodelle aus der Sozialen Arbeit herangezogen, die gezeigt haben, was bereits gut läuft und wo es mögliche Anknüpfungspunkte geben könnte. Auf dieser Grundlage entstanden neun Thesen – und diese sollten nun Impulsgeber für konkrete Forderungen sein.
Aus Thesen folgen Forderungen
Unter den Schlagworten „Erwachsene Bezugspersonen“, „Fachkräfte“, „Kinder und Jugendliche“ und „Gesellschaft“ wurden die neun Thesen aus fachlicher und wissenschaftlicher Sicht kommentiert und anschließend multiperspektivisch in Arbeitsgruppen diskutiert. Aus den Themenfeldern Krisenresilienz, Machthierarchien in der Sozialen Arbeit, digitale Räume und die Vergabe von Schulnoten versuchten die Teilnehmenden, konstruktive Ansätze zu entwickeln. Und so wurden aus neun Thesen eine Charta mit 21 Forderungen. Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems, Demokratieförderung, Kinderrechte im Grundgesetz, mehr Partizipation, Abbau von Bürokratie und ausreichend finanzielle Ausstattung im sozialen Bereich sind nur einige der erarbeiteten Postulate. Sie wurden im Anschluss gesammelt und vorgetragen.
Die Kirche und Politik sind gefragt
Damit die Forderungen direkten Anklang fanden, wurden Kardinal Reinhard Marx und die Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales Ulrike Scharf (CSU) eingeladen. Auch Johanna Gressung, Jugendamtsleitung des Erzbischöflichen Jugendamts, Michael Kroll, Referent für Jugendsozialarbeit bei der Caritas sowie Matthias Klosinski von der KSH tauschten sich auf dem Podium über die Charta aus. „Für uns als Kirche ist die Kinder- und Jugendarbeit von großer Bedeutung“, betonte Kardinal Marx. „Das war mir immer ein Anliegen, aber das ist heute nochmal verstärkt worden.“ Auch Staatsministerin Ulrike Scharf zeigte sich gegenüber vielen Forderungen offen und ließ anklingen, dass sie auch der U-18-Wahl nicht abgeneigt sei. „Jugendliche und Kinder stehen heute vor riesigen Herausforderungen, von Corona angefangen bis zur nächsten Krise, dem Ukraine Krieg, und jetzt den schrecklichen Terror in Israel“, sagte Scharf. „Deshalb bin ich froh, dass wir heute ganz konkret mit Forderungen konfrontiert wurden und uns daran sicherlich auch orientieren und weiterarbeiten werden.“
Mit jungen Menschen im Dialog bleiben
Doch was sagen diejenigen dazu, die es am Ende betrifft? Auch einige junge Menschen haben am Fachtag teilgenommen, darunter Martin Thoma (20), Student an der KSH, der auch die beiden letzten Fachtage besucht hatte. „Ich finde, dass wir mit dem ersten Fachtag durchaus ein Zeichen gesetzt haben, in den Dialog mit jungen Menschen zu treten. Das lag mir besonders am Herzen“, sagte er. „Und am zweiten Fachtag wurden die Ideen weiterentwickelt und daraus am dritten Fachtag konkrete Forderungen gestellt. Für mich war das ein sehr produktiver und guter Austausch.“
Auch die Schülerinnen Elena Forster (16) und Lena Krücker (15) teilten ihre Perspektiven bereits am ersten Fachtag und waren nun auch dabei, als die Forderungen überreicht wurden. „Ich fand es sehr schön, dass wir wieder dabei sein durften. Aber ich würde mir auch wünschen, dass noch mehr Jugendliche ihre Meinung in diesem Rahmen teilen können“, sagte Elena Forster. Auch Lena Krücker hätte sich gewünscht, dass noch mehr junge Menschen an den Fachtagen und dem Erarbeiten der Forderungen mitgewirkt hätten. Trotzdem ist sie mit dem Ergebnis zufrieden: „Ich bin sehr froh, dass wir jetzt wirklich Forderungen gestellt haben, und hoffe, dass die auch wirklich umgesetzt werden.“
Ins Gespräch kommen, diskutieren und Lösungen finden – mit den Forderungen der Charta bleiben viele Impulse, die auch über die Fachtage hinaus, noch hörbar bleiben und trotz krisenhaften Zeiten Mut machen sollen, Strukturen zu verändern.
Der zweite Fachtag im September endete mit einer Aufstellung von Thesen, die unterschiedliche Bereiche in der Sozialen Arbeit und die Problemlagen junger Menschen berühren. In den Videobeiträgen geben vier Fachkräfte aus dem Bereich der Sozialen Arbeit ihre persönliche Einschätzung zu den Thesen und stellen Forderungen auf.
Redaktion: Eileen Kelpe
Kamera: Stefan Stelzer
Schnitt: Olga Fuchs
Produktion: Sankt Michaelsbund
Nina Litz, Sozialpädagogin
Erwachsene Bezugspersonen: Jugendliche fühlen sich allein gelassen. Erwachsene Bezugspersonen nehmen eine wichtige Rolle für Kinder und Jugendliche ein und sollen vor allem in Krisen Sicherheit bieten. Doch was passiert, wenn auch sie sich den Stressoren der aktuellen Weltlage nicht entziehen können? Wie wirkt sich das auf Kinder und Jugendliche aus? Und was braucht es in der Sozialen Arbeit, um diese Stressoren abzufedern? Nina Litz sieht vor allem im schulischen Bereich großen Nachholbedarf.
Erwachsene Bezugspersonen: Jugendliche fühlen sich allein gelassen
Lena Schuster, Kreisjugendring
Fachkräfte: Keine Zeit für große Befindlichkeiten. Vor allem der Fachkräftemangel nagt an den Kapazitäten vieler sozialer Einrichtungen. Wie kann man diesem Problem begegnen? Können multiprofessionelle Teams eine Lösung sein? Lena Schuster plädiert für ein Umdenken und fordert mehr Partizipation – auch um Machtstrukturen in der Sozialen Arbeit entgegenzuwirken.
Fachkräfte: Keine Zeit für große Befindlichkeiten
Maria-Theresia Kölbl, katholische Kinder- und Jugendarbeit
Gesellschaft: Alle müssen mitreden können. In einer Gesellschaft im Krisenmodus geraten Kinder und Jugendliche oft aus dem Fokus. Wie kann trotzdem Partizipation gelingen? Kann ein verpflichtendes Soziales Jahr helfen, dass die Gesellschaft wieder mehr zusammenrückt? Maria-Theresia Kölbl sieht dabei nicht Kinder und Jugendliche in der Verantwortung, die Versäumnisse der Politik aufzuholen.
Gesellschaft: Alle müssen mitreden können
Martina Edenhofer, Kinder- und Jugendpastoral
Kinder und Jugendliche: Lebenswelten junger Menschen besser verstehen. Oft werden die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen durch die Brille der Erwachsenen bewertet. Politisches Engagement wird als negativ angesehen, Schulnoten sollen Leistungen kennzeichnen und der virtuelle Raum wird nicht als Lebensrealität junger Menschen anerkannt. Martina Edenhofer steht diesen Positionen kritisch gegenüber. Sie fordert, dass sich vor allem auch die Kirche und Politik öffnen und die Soziale Arbeit darin unterstützen, Kinder und Jugendliche in ihrer Lebensrealität abzuholen.
Kinder und Jugendliche: Lebenswelten junger Menschen besser verstehen
Zweiter Fachtag am 19. September: Was in der Praxis bereits gut läuft
Während der erste Fachtag im Mai sich besonders mit den Verunsicherungen von jungen Menschen beschäftigt hat, eröffnete der zweite nun vor allem eines: neue Perspekiven und inspirierende Ansätze in der Sozialen Arbeit.
Junge Menschen haben Angst: vor dem Krieg, dem Klimawandel und sie leiden unter den Folgen der Corona-Pandemie. Der erste Fachtag der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung“ fand im Mai an der Katholischen Stiftungshochschule München statt. Im Fokus: Die großen Verunsicherungen unserer Zeit und wie diese junge Menschen beeinflussen. Auf Grundlage dieser „Vergewisserung der Verunsicherung“ startete nun der zweite Fachtag am 19. September, zu dem wieder viele Fachkräfte aus sozialen Einrichtungen und Verbänden in die Stiftungshochschule gekommen sind. Diesmal wurde in die Praxis geblickt: Denn dort gibt es bereits Ansätze und Modelle, die zeigen, wie man junge Menschen unterstützen kann, Stärke zu entwickeln und selbstwirksam zu handeln – auch in einer unsicheren Zeit.
Der 4-B-Ansatz: Praxismodelle mit Vorbildcharakter
Federführend haben die Katholische Stiftungshochschule München, das Landeskomitee der Katholiken und die Salesianer Don Boscos den Fachtag gestaltet. Nina Diemer von REGSAM (Regionale Netzwerk für Soziale Arbeit in München) bereicherte mit fachlichen Impulsen den Fokus der Tagung und verdeutlichte, wie junge Menschen, auch in schwierigen Situationen, in ihrer Lebensrealität abgeholt werden können. „Wir müssen mit jungen Menschen und nicht über sie reden“, betonte sie und stellte unter anderem das Projekt „Beatbag“ vor, ein mobiles Tonstudio, das sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen ermöglicht, sich mit dem nötigen Equipment musikalisch auszuprobieren – und das mit großem Erfolg. Grundlage des Fachtags bildete weiter der 4-B-Ansatz: Bildung, Beratung, Begleitung und Begegnung. Diese vier Säulen sollten exemplarisch zeigen, was schon gut in der Praxis läuft. Dabei wurde für jedes „B“ eine konkrete Einrichtung vorgestellt.
Begleitung und Beratung: Jungen Menschen zur Seite stehen
„Wir können zusammen sehr viel“, sagte Jochen Lau, pädagogischer Einrichtungsleiter im Salesianum. In seiner Arbeit steht die „Begleitung“ junger Menschen im Sinne von Don Bosco im Mittelpunkt: beim eigenen Vorwärtskommen, beim Schulabschluss, bei familiären Problemen. Dafür bietet das Salesianum Raum in Form von unterschiedlichen Wohngruppen für Auszubildende oder Geflüchtete, Freizeit- und Bildungsangeboten und sozialpädagogischer Einzelfallhilfe. Was „Beratung“ bewirken kann, verdeutlichte Dagmar Thorwart, Fachdienstleitung der Caritas-Erziehungsberatung. Wenn es Streit in der Familie gibt oder Stress in der Schule, also „Krisen“, die den Alltag unmittelbar beeinträchigen, hilft ein Raum zum Reden: Die Beratung könne vor allem die Beziehungen in der Familie stärken, so Thorwart.
Bildung und Begegnung: Neue Perspektiven entwickeln
Benedikt Hartmann, Leiter des Zentrums für Umwelt und Kultur im Kloster Benediktbeuern, zeigte, wie „Bildung“ außerhalb der Schule funktionieren kann. Die Kinder und Jugendlichen können in der Natur erfahren, was Umweltschutz bedeutet und sich selbst einbringen, anstatt passiv vor dem Bildschirm zu sitzen. Und im „Münchner Haus der Schüler*innen“ dürfen Jugendliche selbst entscheiden und Ideen entwickeln. Es ist ein Ort der „Begegnung“ und ein Coworking Space – und er wird von den Jugendlichen selbstverwaltet. Gerhard Wagner vom Kreisjugendring agiert beratend im Hintergrund, betonte aber, dass jungen Menschen wieder mehr zugetraut werden sollte und sie mehr Freiräume brauchen, um sich entfalten zu können.
„Messe der Projekte“: Impulse aus der Praxis
Im Rahmen des Fachtags wurden noch weitere gelingende Beispiele präsentiert: Auf der „Messe der Projekte“ konnten die Teilnehmenden selbst ihre eigene Einrichtung mit einem interessanten Ansatz vorstellen oder an den unterschiedlichen Ständen ins Gespräch kommen, um Neues zu entdecken. Die Angebote waren vielfältig: Boxtraining, um Jugendliche im Arbeitsmarkt zu integrieren, Bäume pflanzen in Costa Rica oder betreutes Wohnen für suchtkranke Frauen. Auf der Projektmesse wurde noch einmal mehr deutlich, wie vielschichtig die Sozialarbeit aufgestellt ist und wie viel von den Mitarbeitenden geleistet wird – auch wenn die Kapazitäten begrenzt sind. Besonders der Fachkräftemangel wurde von allen Einrichtungen als sehr gravierend und einschränkend bezeichnet.
Neun Thesen – Diskussionsgrundlage für den dritten Fachtag
Auch wenn der Fachtag einen bunten Blumenstrauß an „Best-Practice-Modellen“ präsenstierte, wurde zum Abschluss noch einmal eine Debatte eröffnet: Wie nun weitermachen? Prof. Dr. Andrea Dischler und Prof. Dr. Florian Spensberger, die den Tag im Hintergrund begleitet hatten, leiteten neun Thesen ab, die zum Abschluss präsentiert wurden. Diese warfen Fragen auf, wie politische Partizipation von jungen Menschen aussehen soll, ob durch den Fachkräftemangel zukünftig multirofessionelle Teams agieren müssten und hinterfragten auch Machthierarchien in der Sozialen Arbeit. Auch wenn die Diskussionen noch nicht beendet sind und die Thesen in den dritten Fachtag getragen werden, wurde doch eines zum Ende deutlich: Die Vergewisserung der Weiterarbeit.
Die folgenden Videos zeigen „Best-Practice-Modelle“ und verstehen sich als Inspiration aus der Praxis.
Redaktion: Eileen Kelpe
Kamera und Schnitt: Benedikt Gradl
Produktion: Sankt Michaelsbund
Dagmar Thorwart
Fachdienstleitung der Caritas-Beratungsstelle für Eltern, Kinder, Jugendliche und Familien – Erziehungsberatung, München Süd
Beratung: Beziehungen stärken durch Gespräche. Beratung setzt genau da an, wo es knirscht: Streit mit den Eltern, Stress in der Schule und auch an den Stellen, wo man selbst nicht genau weiß, was eigentlich schiefläuft. Wenn Kinder, Jugendliche und Eltern nicht mehr weiterwissen, können sie beratende Unterstützung in Anspruch nehmen. Dagmar Thorwart von der Erziehungsberatungsstelle der Caritas weiß, wie wichtig es ist, sich diesen Sorgen anzunehmen und vor allem die Beziehungen untereinander zu stärken. Ihre wichtigste Methode: reden.
Beratung: Beziehungen stärken durch Gespräche
Jochen Lau
Pädagogische Einrichtungsleitung, Salesianum, München
Begleitung: Zusammen ist man weniger allein. Im Herzen Münchens finden junge Menschen einen Ort, der sie willkommen heißt: Ob Auszubildende, Berufsschüler, Geflüchtete – das Salesianum bietet Raum für ihre individuellen Bedürfnisse und Sorgen. Jochen Lau, pädagogischer Einrichtungsleiter, betont, wie wichtig die Begleitung eines jeden Einzelnen ist: beim eigenen Vorwärtskommen, beim Schulabschluss, bei familiären Problemen – „Wir nehmen uns allen an“, sagt Lau.
Begleitung: Zusammen ist man weniger allein
Gerhard Wagner
Münchner Haus der Schüler*innen, Kreisjugendring
Begegnung: Jugendliche übernehmen Verantwortung. Junge Menschen wissen selbst am besten, was gut für sie ist. Man muss sie nur lassen. Mit diesem Ansatz gestalten Jugendliche das MHDS – das Münchner Haus der Schüler*innen. Es befindet sich direkt am Stiglmaierplatz in München, ist ein Begegnungsort und Coworking Space zugleich, den die Jugendlichen selbst verwalten. Sie planen Projekte, diskutieren und lernen gemeinsam. Viel Freiheit bedeutet auch viel Verantwortung – das weiß Gerhard Wagner vom Kreisjugendring, der beratend im Hintergrund agiert, wenn es doch mal Probleme geben sollte.
Begegnung: Jugendliche übernehmen Verantwortung
Erster Fachtag am 16. Mai: „Wir möchten ernstgenommen werden!“
Auf der folgenden Webseite geben wir Ihnen einen inhaltlichen Einblick in das Programm unseres ersten Fachtags am 16. Mai - entlang eines Nachberichts, einer Bildgalerie und von vier Videos, in denen vier Jugendliche und eine Erzieherin über ihre Lebenswelt und ihre aktuellen Erfahrungen berichten.
„Es macht mir Angst. Ich glaube, es macht sogar jedem Angst, wenn dir gesagt wird, dass mittlerweile mehrere Prozente an Land verschwinden“, sagt Zakaria Abdullahi Hassan. Die Worte des 18-Jährigen sind eindrücklich. Es ist eine der Stimmen von jungen Menschen, die den ersten Fachtag der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung“ einleiten. Die Katholische Stiftungshochschule München (KSH), das Landeskomitee der Katholiken in Bayern und die Salesianer Don Boscos veranstalten diese Reihe und möchten in diesem Rahmen ein Forum für den Dialog bieten: Was beschäftigt junge Menschen? Welche Ängste haben sie angesichts der großen, globalen Krisen wie Corona, Krieg und Klimawandel? Und vor allem: Wie kann eine hoffnungsvolle Zukunft zusammen mit der jungen Generation gestaltet werden?
Zu dem ersten Fachtag, der am 16. Mai in der Katholischen Stiftungshochschule in Haidhausen München stattfand, kamen rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, vorwiegend Fachkräfte aus sozialen Einrichtungen, aber auch aus Verbänden und Kommunen. Doch es gab auch junge Menschen, die sich in die Diskussionen einbringen konnten und vor allem zu Beginn in Video- und persönlichen Interviews ganz deutlich machten: „Wir wollen ernst genommen werden!“ Nicht nur Zakaria Abdullahi Hassan, der sich im Jugendhaus Schwabing engagiert, sondern auch die Schülerinnen Elena Forster (16) und Lena Krücker (15) vom Erzbischöflichen Edith-Stein-Gymnasium sowie der Student Martin Thoma (19), der an der KSH Soziale Arbeit studiert, konnten digital und vor dem Fachtags-Publikum ihre Bedenken äußern, die besonders den Klimawandel als existenzielle Bedrohung wahrnehmen. Dass bereits in der frühkindlichen Erziehung angesetzt werden müsse, unterstrich die Erzieherin Saskia Abbas-Kleinz (41), die am Katholischen Schutzengelkinderhaus in Eichenau eine Integrationsgruppe leitet. Sie betonte, dass sich die Folgen der Corona-Pandemie noch an den Kindern zeige, denn viele würden Probleme mit der Eingewöhnung und im Bereich der Sozialkompetenz haben. Die Videos, die auf dem Fachtag gezeigt wurden, finden sich weiter unten auf dieser Website.
Diese persönlichen Eindrücke wurden in einem Fachvortrag von Prof. Dr. Sylva Liebenwein, Professorin für Pädagogik und Soziale Arbeit an der KSH, untermauert. Sie bezog sich unter anderem auf die Barmer Sinus-Studie, in der milieuspezifisch Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren unter anderem zu Zukunftssorgen befragt wurden. Und die Zahlen machten deutlich: Die Zukunftsängste junger Menschen sind gestiegen. Im Jahr 2022 blickten unter den Befragten nur noch 35 Prozent optimistisch auf die Weltsituation, im Vorjahr waren es noch neun Prozent mehr. Besonders belastend seien hierbei Kriege, Klimawandel, Umweltverschmutzung und die Energiekrise.
Mit der Feststellung dieser Verunsicherungen ging es in die Diskussion. In unterschiedlichen Arbeitsgruppen wurde debattiert und konkrete Forderungen erarbeitet. Die fünf Gesprächsrunden setzten unterschiedliche Schwerpunkte: „Psychischer Belastungen und bildungsbezogene Ungleichheiten“ (Prof. Dr. Sylva Liebenwein, KSH), „Krise als Chance – Werte für die Demokratie“ (Florian Wenzel, Gründer und Inhaber peripheria), „Milieuspezifische Zugänge“ (Prof. Dr. Andreas Kirchner, KSH München), „Junge Menschen in eine hoffnungsvolle Zukunft begleiten – Ansätze aus der Praxis“ (P. Stefan Stöhr SDB, Salesianer Don Boscos) und „What’s up, Generation Z – Lifestyles zwischen Aufbruch und Krisen“ (Markus Bloch, Bereichsleiter im Erzbischöflichen Jugendamt für OKJA und Schulsozialarbeit der Krisen).
Dabei entstand ein breiter Fächer an Forderungen, darunter der Wunsch nach einer besseren Verteilung der Gelder, weniger bürokratischer Aufwand, besserer psychologischer Versorgung von Kindern und Jugendlichen und vor allem – mehr Partizipation von jungen Menschen an politischen Entscheidungen. Die Wünsche und Forderungen wurden im Anschluss direkt an die Politik gerichtet: Ulrike Scharf, Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales (CSU), tauschte sich am Nachmittag mit den Gruppen aus. Und auch ihr wurde deutlich, dass junge Menschen politisch mehr mitbestimmen wollen: „Das hat sich wirklich für mich auch nochmal verstärkt: die Beteiligung von jungen Menschen an politischen Entscheidungen und an ihren Zukunftsperspektiven“, sagte Scharf und betonte: „Dass sie ernst genommen werden mit ihren Sorgen, mit ihren Ängsten, aber auch mit ihren Vorstellungen von Zukunft, ist eines, was ich mitnehme.“ Dabei wolle sie konkret dafür sorgen, dass die Jugendsozialarbeit an den Schulen intensiv ausgebaut werden solle.
Ausblick und Fazit: Prof. Dr. Andreas Schwarz, Vizepräsident für Studium und Lehre an der KSH, der den Tag moderierte, betonte am Ende, auch in Hinblick auf den zweiten Fachtag, der am 19. September stattfinden soll, dass alle Teilnehmenden mit „Hausaufgaben“ zurück in ihren Arbeitsalltag kehren sollen. Mit dem Fokus auf das, was bereits gut in der Praxis läuft und wie mit Herausforderungen umgegangen wird, sollen auf Basis der identifizierten Verunsicherungen mögliche Maßnahmen gesammelt werden und bei der nächsten Zusammenkunft Gegenstand der Diskussion sein. Der Student Martin Thoma, der zu Beginn der Veranstaltung von seinen Verunsicherungen sprach, ist nach diesem Tag optimistisch gestimmt: „Für mich war ersichtlich, dass die Menschen, die heute hier zusammengekommen sind, auf jeden Fall ein Interesse daran haben, zuzuhören und produktiv zusammen zu arbeiten, um was zu schaffen, was uns weiterbringt“, sagte er. „Ich denke, dass wir heute ein Stück weit an Anfang gelegt haben für das, was eigentlich in der Politik passieren sollte, also im Dialog arbeiten und zusammen, produktive Diskussionen zu führen.“
Alle Bilder: Klaus D. Wolf
Im Video: Corona, Krieg und Klimawandel – vier Jugendliche und eine Erzieherin erzählen, was sie bewegt
Wie gehen junge Menschen mit den großen Krisen unserer Zeit um? – Vier Jugendliche und eine Erzieherin geben Einblicke in ihre Lebenswelt: in die Kita, die Uni, die Schule und in einen Jugendtreff. Wie haben sie die Corona-Zeit erlebt? Was denken sie über den Krieg in der Ukraine? Und wie gehen sie mit dem Klimawandel um? Sie erzählen, was sie beschäftigt, was sie verunsichert und was sie sich wünschen. Es sind die Stimmen von jungen Menschen, die den ersten Fachtag der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! – Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung“ eingeleitet haben - und die wir Ihnen nun hier gebündelt auf dieser Webseite zur Verfügung stellen.
Alle Videos: Eine Produktion vom Michaelsbund
Redaktion: Eileen Kelpe
Kamera und Schnitt: Magdalena Rössert, Stefan Stelzer
Katholisches Schutzengelkinderhaus, Eichenau
Saskia Abbas-Kleinz, Erzieherin, 41 Jahre alt
„Ich hatte oft das Gefühl, als wäre man verheizt worden“, sagt Saskia Abbas-Kleinz. Die 41-Jährige ist seit mehr als vier Jahren Erzieherin im Katholischen Schutzengelkinderhaus in Eichenau. Besonders prägend war für sie die Corona-Pandemie, eine „chaotische Zeit“, wie sie selbst erzählt. Als Erzieherin fühlte sie sich von der Politik alleingelassen, musste mit ansehen, wie Kinder Ängste entwickelten und wie praxisfern viele Regelungen für sie und ihre Kolleginnen waren. Der Alltag ist heute unbeschwerter – trotzdem hat die Pandemie ihre Spuren hinterlassen, vor allem bei den Kindern.
Fachtag "Was kommt noch?!": Interview mit Erzieherin Saskia Abbas-Kleinz
Erzbischöfliches Edith-Stein-Gymnasium, München
Elena Forster, 10. Klasse, 16 Jahre alt & Lena Krücker, 10. Klasse, 15 Jahre alt
„Ich glaube, dass oft die Stimmen nicht so gehört wurden, wie sie hätten gehört werden sollen“, sagt Lena. Auch Elena pflichtet ihr bei. Die Schülerinnen besuchen die 10. Klasse und sie erinnern sich noch sehr genau an die Zeit, in der Schule nur vor dem Laptop standfand. Sie erzählen, dass viele in der Schule den Anschluss verloren haben. Doch aktuell beschäftigt sie besonders der Klimawandel: Mit der ganzen Klasse gehen sie oft auf „Fridays for Future“-Demos und setzen sich für eine klimagerechte Welt ein. Dabei wünschen sie sich vor allem eines: dass sie von der Politik endlich ernst genommen werden.
Fachtag "Was kommt noch?!": Interview mit den beiden Schülerinnen Elena Forster und Lena Krücker
Jugendhaus Schwabing, München
Zakaria Abdullahi Hassan, 18 Jahre alt
„In dieser Zeit, gab es keine andere Sache, die mich so belastet hat wie das Homeschooling“, sagt Zakaria. Der 18-Jährige empfand die Corona-Zeit als „sehr stressig“. Er wollte seine Freunde sehen, Fußball spielen und nicht „eingesperrt sein“, wie er selbst sagt. Doch auch der Krieg und das Klima belasten den Jugendlichen und machen ihm Angst. Im Jugendhaus Schwabing, wo er jetzt wieder regelmäßig hingehen kann, fühlt er sich gut aufgehoben, engagiert sich und kann für einige Stunden die großen Krisen vergessen. Auch die Religion gibt ihm in diesen unsicheren Zeiten Halt.
Fachtag "Was kommt noch?!": Interview mit Zakaria Abdullahi Hassan
Katholische Stiftungshochschule München
Martin Thoma, 19 Jahre alt
„Das sind Entwicklungen, die ich einfach beängstigend finde“, sagt Martin Thoma. Er studiert an der KSH Soziale Arbeit, engagiert sich politisch und blickt unruhig auf die Dinge, die in der Welt passieren. Der Krieg, die Nachwirkungen der Pandemie und der Klimawandel – all das beschäftigt ihn und seine Mitstudierenden. Doch auch er findet, dass ihre Stimmen nicht ernst genommen werden. Er erzählt, dass viele ewig auf die Heizkostenpauschale und den Coronabonus warten mussten, um sich über Wasser zu halten. „Man fühlt sich im Stich gelassen“, sagt er.
Fachtag "Was kommt noch?!": Interview mit Student Martin Thoma
3-teilige Veranstaltungsreihe: Was kommt noch?! Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung
„Was kommt noch?!“ – Frage oder Aussage? Jedenfalls doppeldeutig: Was bringt die Zukunft? Kommt noch etwas Gutes, Anregendes, Sinnvolles? Oder wird alles eher noch schlimmer? Die Corona-Pandemie, Umweltkatastrophen und Kriege weltweit verunsichern gerade viele Kinder und Jugendliche; das Vertrauen in gesellschaftliche, religiöse wie politische Institutionen scheint erschüttert. Gerade die Zeit des Lockdowns hat nicht nur das Sozialverhalten verändert, sondern zeigt vielfältige Auswirkungen, die professionell Handelnde besonders herausfordern.
Was beschäftigt und verunsichert heute Kinder und Jugendliche? Wovon träumen sie und was wünschen sie sich von der Zukunft? Welche Maßnahmen und Angebote müssen jetzt entwickelt und durchgeführt werden, um eine hoffnungsvolle Zukunft mit den Heranwachsenden zu gestalten? Um diese Themen praxisnah anzugehen, haben die Initiatoren der Veranstaltungsreihe - die Katholische Stiftungshochschule München, das Landeskomitee der Katholiken in Bayern und die Salesianer Don Boscos - Jugendliche eingeladen und sie gebeten, ihre Fragen und Wünsche zu formulieren und vorzustellen. So entstand ein gemeinsames Projekt mit der Zielgruppe, um die es bei den drei Veranstaltungen in der Hauptsache geht – rückgebunden, authentisch, profiliert.
Die dreiteilige Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung", die am 16. Mai am Campus München der KSH ihren Auftakt hatte, versteht sich als ein kommunikatives Forum mit fachkompetenten ReferentInnen aus Forschung und Praxis, VertreterInnen aus Politik und Kirche. Gemeinsam mit allen Teilnehmenden wurden neue Perspektiven entworfen und Forderungen an Kirche und Gesellschaft formuliert. Überzeugende Praxismodelle lieferten dafür die Anregung oder gaben Impulse. Am 22. November fand der dritte und letzte Fachtag statt. Lesen Sie auf dieser Webseite die Nachberichte zu den einzelnen Veranstaltungstagen und klicken Sie sich auch gerne auf die Videos!
Dritter Fachtag am 22. November: Mut, die Zukunft zu gestalten
Probleme und Krisen brauchen Lösungen: Zum Abschluss der Fachtagsreihe „Was kommt noch?! – Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung“ steht nun eine Charta mit 21 Forderungen.
Wenn Jugendliche sich politisch engagieren, tun sie es dann falsch? Können multiprofessionelle Teams in der Sozialen Arbeit den Fachkräftemangel abmildern? Ist in einer Gesellschaft im Krisenmodus Partizipation überhaupt möglich? – Der dritte Fachtag am 22. November an der Katholischen Stiftungshochschule begann mit neun Thesen, vielen Fragezeichen und einem großen Ziel: „Wir wollen Forderungen an die Politik, die Kirche, die Gesellschaft und an uns stellen“, leitete Prof. Dr. Andreas Schwarz, Vizepräsident für Studium und Lehre an der KSH, den Tag ein. Bereits an den vergangenen zwei Fachtagen wurde intensiv auf die Bedarfe von Kindern und Jugendlichen geschaut und wie die großen Verunsicherungen und aktuellen Krisen sie beeinflussen. Dazu wurden inspirierende Praxismodelle aus der Sozialen Arbeit herangezogen, die gezeigt haben, was bereits gut läuft und wo es mögliche Anknüpfungspunkte geben könnte. Auf dieser Grundlage entstanden neun Thesen – und diese sollten nun Impulsgeber für konkrete Forderungen sein.
Aus Thesen folgen Forderungen
Unter den Schlagworten „Erwachsene Bezugspersonen“, „Fachkräfte“, „Kinder und Jugendliche“ und „Gesellschaft“ wurden die neun Thesen aus fachlicher und wissenschaftlicher Sicht kommentiert und anschließend multiperspektivisch in Arbeitsgruppen diskutiert. Aus den Themenfeldern Krisenresilienz, Machthierarchien in der Sozialen Arbeit, digitale Räume und die Vergabe von Schulnoten versuchten die Teilnehmenden, konstruktive Ansätze zu entwickeln. Und so wurden aus neun Thesen eine Charta mit 21 Forderungen. Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems, Demokratieförderung, Kinderrechte im Grundgesetz, mehr Partizipation, Abbau von Bürokratie und ausreichend finanzielle Ausstattung im sozialen Bereich sind nur einige der erarbeiteten Postulate. Sie wurden im Anschluss gesammelt und vorgetragen.
Die Kirche und Politik sind gefragt
Damit die Forderungen direkten Anklang fanden, wurden Kardinal Reinhard Marx und die Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales Ulrike Scharf (CSU) eingeladen. Auch Johanna Gressung, Jugendamtsleitung des Erzbischöflichen Jugendamts, Michael Kroll, Referent für Jugendsozialarbeit bei der Caritas sowie Matthias Klosinski von der KSH tauschten sich auf dem Podium über die Charta aus. „Für uns als Kirche ist die Kinder- und Jugendarbeit von großer Bedeutung“, betonte Kardinal Marx. „Das war mir immer ein Anliegen, aber das ist heute nochmal verstärkt worden.“ Auch Staatsministerin Ulrike Scharf zeigte sich gegenüber vielen Forderungen offen und ließ anklingen, dass sie auch der U-18-Wahl nicht abgeneigt sei. „Jugendliche und Kinder stehen heute vor riesigen Herausforderungen, von Corona angefangen bis zur nächsten Krise, dem Ukraine Krieg, und jetzt den schrecklichen Terror in Israel“, sagte Scharf. „Deshalb bin ich froh, dass wir heute ganz konkret mit Forderungen konfrontiert wurden und uns daran sicherlich auch orientieren und weiterarbeiten werden.“
Mit jungen Menschen im Dialog bleiben
Doch was sagen diejenigen dazu, die es am Ende betrifft? Auch einige junge Menschen haben am Fachtag teilgenommen, darunter Martin Thoma (20), Student an der KSH, der auch die beiden letzten Fachtage besucht hatte. „Ich finde, dass wir mit dem ersten Fachtag durchaus ein Zeichen gesetzt haben, in den Dialog mit jungen Menschen zu treten. Das lag mir besonders am Herzen“, sagte er. „Und am zweiten Fachtag wurden die Ideen weiterentwickelt und daraus am dritten Fachtag konkrete Forderungen gestellt. Für mich war das ein sehr produktiver und guter Austausch.“
Auch die Schülerinnen Elena Forster (16) und Lena Krücker (15) teilten ihre Perspektiven bereits am ersten Fachtag und waren nun auch dabei, als die Forderungen überreicht wurden. „Ich fand es sehr schön, dass wir wieder dabei sein durften. Aber ich würde mir auch wünschen, dass noch mehr Jugendliche ihre Meinung in diesem Rahmen teilen können“, sagte Elena Forster. Auch Lena Krücker hätte sich gewünscht, dass noch mehr junge Menschen an den Fachtagen und dem Erarbeiten der Forderungen mitgewirkt hätten. Trotzdem ist sie mit dem Ergebnis zufrieden: „Ich bin sehr froh, dass wir jetzt wirklich Forderungen gestellt haben, und hoffe, dass die auch wirklich umgesetzt werden.“
Ins Gespräch kommen, diskutieren und Lösungen finden – mit den Forderungen der Charta bleiben viele Impulse, die auch über die Fachtage hinaus, noch hörbar bleiben und trotz krisenhaften Zeiten Mut machen sollen, Strukturen zu verändern.
Der zweite Fachtag im September endete mit einer Aufstellung von Thesen, die unterschiedliche Bereiche in der Sozialen Arbeit und die Problemlagen junger Menschen berühren. In den Videobeiträgen geben vier Fachkräfte aus dem Bereich der Sozialen Arbeit ihre persönliche Einschätzung zu den Thesen und stellen Forderungen auf.
Redaktion: Eileen Kelpe
Kamera: Stefan Stelzer
Schnitt: Olga Fuchs
Produktion: Sankt Michaelsbund
Nina Litz, Sozialpädagogin
Erwachsene Bezugspersonen: Jugendliche fühlen sich allein gelassen. Erwachsene Bezugspersonen nehmen eine wichtige Rolle für Kinder und Jugendliche ein und sollen vor allem in Krisen Sicherheit bieten. Doch was passiert, wenn auch sie sich den Stressoren der aktuellen Weltlage nicht entziehen können? Wie wirkt sich das auf Kinder und Jugendliche aus? Und was braucht es in der Sozialen Arbeit, um diese Stressoren abzufedern? Nina Litz sieht vor allem im schulischen Bereich großen Nachholbedarf.
Erwachsene Bezugspersonen: Jugendliche fühlen sich allein gelassen
Lena Schuster, Kreisjugendring
Fachkräfte: Keine Zeit für große Befindlichkeiten. Vor allem der Fachkräftemangel nagt an den Kapazitäten vieler sozialer Einrichtungen. Wie kann man diesem Problem begegnen? Können multiprofessionelle Teams eine Lösung sein? Lena Schuster plädiert für ein Umdenken und fordert mehr Partizipation – auch um Machtstrukturen in der Sozialen Arbeit entgegenzuwirken.
Fachkräfte: Keine Zeit für große Befindlichkeiten
Maria-Theresia Kölbl, katholische Kinder- und Jugendarbeit
Gesellschaft: Alle müssen mitreden können. In einer Gesellschaft im Krisenmodus geraten Kinder und Jugendliche oft aus dem Fokus. Wie kann trotzdem Partizipation gelingen? Kann ein verpflichtendes Soziales Jahr helfen, dass die Gesellschaft wieder mehr zusammenrückt? Maria-Theresia Kölbl sieht dabei nicht Kinder und Jugendliche in der Verantwortung, die Versäumnisse der Politik aufzuholen.
Gesellschaft: Alle müssen mitreden können
Martina Edenhofer, Kinder- und Jugendpastoral
Kinder und Jugendliche: Lebenswelten junger Menschen besser verstehen. Oft werden die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen durch die Brille der Erwachsenen bewertet. Politisches Engagement wird als negativ angesehen, Schulnoten sollen Leistungen kennzeichnen und der virtuelle Raum wird nicht als Lebensrealität junger Menschen anerkannt. Martina Edenhofer steht diesen Positionen kritisch gegenüber. Sie fordert, dass sich vor allem auch die Kirche und Politik öffnen und die Soziale Arbeit darin unterstützen, Kinder und Jugendliche in ihrer Lebensrealität abzuholen.
Kinder und Jugendliche: Lebenswelten junger Menschen besser verstehen
Zweiter Fachtag am 19. September: Was in der Praxis bereits gut läuft
Während der erste Fachtag im Mai sich besonders mit den Verunsicherungen von jungen Menschen beschäftigt hat, eröffnete der zweite nun vor allem eines: neue Perspekiven und inspirierende Ansätze in der Sozialen Arbeit.
Junge Menschen haben Angst: vor dem Krieg, dem Klimawandel und sie leiden unter den Folgen der Corona-Pandemie. Der erste Fachtag der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung“ fand im Mai an der Katholischen Stiftungshochschule München statt. Im Fokus: Die großen Verunsicherungen unserer Zeit und wie diese junge Menschen beeinflussen. Auf Grundlage dieser „Vergewisserung der Verunsicherung“ startete nun der zweite Fachtag am 19. September, zu dem wieder viele Fachkräfte aus sozialen Einrichtungen und Verbänden in die Stiftungshochschule gekommen sind. Diesmal wurde in die Praxis geblickt: Denn dort gibt es bereits Ansätze und Modelle, die zeigen, wie man junge Menschen unterstützen kann, Stärke zu entwickeln und selbstwirksam zu handeln – auch in einer unsicheren Zeit.
Der 4-B-Ansatz: Praxismodelle mit Vorbildcharakter
Federführend haben die Katholische Stiftungshochschule München, das Landeskomitee der Katholiken und die Salesianer Don Boscos den Fachtag gestaltet. Nina Diemer von REGSAM (Regionale Netzwerk für Soziale Arbeit in München) bereicherte mit fachlichen Impulsen den Fokus der Tagung und verdeutlichte, wie junge Menschen, auch in schwierigen Situationen, in ihrer Lebensrealität abgeholt werden können. „Wir müssen mit jungen Menschen und nicht über sie reden“, betonte sie und stellte unter anderem das Projekt „Beatbag“ vor, ein mobiles Tonstudio, das sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen ermöglicht, sich mit dem nötigen Equipment musikalisch auszuprobieren – und das mit großem Erfolg. Grundlage des Fachtags bildete weiter der 4-B-Ansatz: Bildung, Beratung, Begleitung und Begegnung. Diese vier Säulen sollten exemplarisch zeigen, was schon gut in der Praxis läuft. Dabei wurde für jedes „B“ eine konkrete Einrichtung vorgestellt.
Begleitung und Beratung: Jungen Menschen zur Seite stehen
„Wir können zusammen sehr viel“, sagte Jochen Lau, pädagogischer Einrichtungsleiter im Salesianum. In seiner Arbeit steht die „Begleitung“ junger Menschen im Sinne von Don Bosco im Mittelpunkt: beim eigenen Vorwärtskommen, beim Schulabschluss, bei familiären Problemen. Dafür bietet das Salesianum Raum in Form von unterschiedlichen Wohngruppen für Auszubildende oder Geflüchtete, Freizeit- und Bildungsangeboten und sozialpädagogischer Einzelfallhilfe. Was „Beratung“ bewirken kann, verdeutlichte Dagmar Thorwart, Fachdienstleitung der Caritas-Erziehungsberatung. Wenn es Streit in der Familie gibt oder Stress in der Schule, also „Krisen“, die den Alltag unmittelbar beeinträchigen, hilft ein Raum zum Reden: Die Beratung könne vor allem die Beziehungen in der Familie stärken, so Thorwart.
Bildung und Begegnung: Neue Perspektiven entwickeln
Benedikt Hartmann, Leiter des Zentrums für Umwelt und Kultur im Kloster Benediktbeuern, zeigte, wie „Bildung“ außerhalb der Schule funktionieren kann. Die Kinder und Jugendlichen können in der Natur erfahren, was Umweltschutz bedeutet und sich selbst einbringen, anstatt passiv vor dem Bildschirm zu sitzen. Und im „Münchner Haus der Schüler*innen“ dürfen Jugendliche selbst entscheiden und Ideen entwickeln. Es ist ein Ort der „Begegnung“ und ein Coworking Space – und er wird von den Jugendlichen selbstverwaltet. Gerhard Wagner vom Kreisjugendring agiert beratend im Hintergrund, betonte aber, dass jungen Menschen wieder mehr zugetraut werden sollte und sie mehr Freiräume brauchen, um sich entfalten zu können.
„Messe der Projekte“: Impulse aus der Praxis
Im Rahmen des Fachtags wurden noch weitere gelingende Beispiele präsentiert: Auf der „Messe der Projekte“ konnten die Teilnehmenden selbst ihre eigene Einrichtung mit einem interessanten Ansatz vorstellen oder an den unterschiedlichen Ständen ins Gespräch kommen, um Neues zu entdecken. Die Angebote waren vielfältig: Boxtraining, um Jugendliche im Arbeitsmarkt zu integrieren, Bäume pflanzen in Costa Rica oder betreutes Wohnen für suchtkranke Frauen. Auf der Projektmesse wurde noch einmal mehr deutlich, wie vielschichtig die Sozialarbeit aufgestellt ist und wie viel von den Mitarbeitenden geleistet wird – auch wenn die Kapazitäten begrenzt sind. Besonders der Fachkräftemangel wurde von allen Einrichtungen als sehr gravierend und einschränkend bezeichnet.
Neun Thesen – Diskussionsgrundlage für den dritten Fachtag
Auch wenn der Fachtag einen bunten Blumenstrauß an „Best-Practice-Modellen“ präsenstierte, wurde zum Abschluss noch einmal eine Debatte eröffnet: Wie nun weitermachen? Prof. Dr. Andrea Dischler und Prof. Dr. Florian Spensberger, die den Tag im Hintergrund begleitet hatten, leiteten neun Thesen ab, die zum Abschluss präsentiert wurden. Diese warfen Fragen auf, wie politische Partizipation von jungen Menschen aussehen soll, ob durch den Fachkräftemangel zukünftig multirofessionelle Teams agieren müssten und hinterfragten auch Machthierarchien in der Sozialen Arbeit. Auch wenn die Diskussionen noch nicht beendet sind und die Thesen in den dritten Fachtag getragen werden, wurde doch eines zum Ende deutlich: Die Vergewisserung der Weiterarbeit.
Die folgenden Videos zeigen „Best-Practice-Modelle“ und verstehen sich als Inspiration aus der Praxis.
Redaktion: Eileen Kelpe
Kamera und Schnitt: Benedikt Gradl
Produktion: Sankt Michaelsbund
Dagmar Thorwart
Fachdienstleitung der Caritas-Beratungsstelle für Eltern, Kinder, Jugendliche und Familien – Erziehungsberatung, München Süd
Beratung: Beziehungen stärken durch Gespräche. Beratung setzt genau da an, wo es knirscht: Streit mit den Eltern, Stress in der Schule und auch an den Stellen, wo man selbst nicht genau weiß, was eigentlich schiefläuft. Wenn Kinder, Jugendliche und Eltern nicht mehr weiterwissen, können sie beratende Unterstützung in Anspruch nehmen. Dagmar Thorwart von der Erziehungsberatungsstelle der Caritas weiß, wie wichtig es ist, sich diesen Sorgen anzunehmen und vor allem die Beziehungen untereinander zu stärken. Ihre wichtigste Methode: reden.
Beratung: Beziehungen stärken durch Gespräche
Jochen Lau
Pädagogische Einrichtungsleitung, Salesianum, München
Begleitung: Zusammen ist man weniger allein. Im Herzen Münchens finden junge Menschen einen Ort, der sie willkommen heißt: Ob Auszubildende, Berufsschüler, Geflüchtete – das Salesianum bietet Raum für ihre individuellen Bedürfnisse und Sorgen. Jochen Lau, pädagogischer Einrichtungsleiter, betont, wie wichtig die Begleitung eines jeden Einzelnen ist: beim eigenen Vorwärtskommen, beim Schulabschluss, bei familiären Problemen – „Wir nehmen uns allen an“, sagt Lau.
Begleitung: Zusammen ist man weniger allein
Gerhard Wagner
Münchner Haus der Schüler*innen, Kreisjugendring
Begegnung: Jugendliche übernehmen Verantwortung. Junge Menschen wissen selbst am besten, was gut für sie ist. Man muss sie nur lassen. Mit diesem Ansatz gestalten Jugendliche das MHDS – das Münchner Haus der Schüler*innen. Es befindet sich direkt am Stiglmaierplatz in München, ist ein Begegnungsort und Coworking Space zugleich, den die Jugendlichen selbst verwalten. Sie planen Projekte, diskutieren und lernen gemeinsam. Viel Freiheit bedeutet auch viel Verantwortung – das weiß Gerhard Wagner vom Kreisjugendring, der beratend im Hintergrund agiert, wenn es doch mal Probleme geben sollte.
Begegnung: Jugendliche übernehmen Verantwortung
Erster Fachtag am 16. Mai: „Wir möchten ernstgenommen werden!“
Auf der folgenden Webseite geben wir Ihnen einen inhaltlichen Einblick in das Programm unseres ersten Fachtags am 16. Mai - entlang eines Nachberichts, einer Bildgalerie und von vier Videos, in denen vier Jugendliche und eine Erzieherin über ihre Lebenswelt und ihre aktuellen Erfahrungen berichten.
„Es macht mir Angst. Ich glaube, es macht sogar jedem Angst, wenn dir gesagt wird, dass mittlerweile mehrere Prozente an Land verschwinden“, sagt Zakaria Abdullahi Hassan. Die Worte des 18-Jährigen sind eindrücklich. Es ist eine der Stimmen von jungen Menschen, die den ersten Fachtag der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung“ einleiten. Die Katholische Stiftungshochschule München (KSH), das Landeskomitee der Katholiken in Bayern und die Salesianer Don Boscos veranstalten diese Reihe und möchten in diesem Rahmen ein Forum für den Dialog bieten: Was beschäftigt junge Menschen? Welche Ängste haben sie angesichts der großen, globalen Krisen wie Corona, Krieg und Klimawandel? Und vor allem: Wie kann eine hoffnungsvolle Zukunft zusammen mit der jungen Generation gestaltet werden?
Zu dem ersten Fachtag, der am 16. Mai in der Katholischen Stiftungshochschule in Haidhausen München stattfand, kamen rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, vorwiegend Fachkräfte aus sozialen Einrichtungen, aber auch aus Verbänden und Kommunen. Doch es gab auch junge Menschen, die sich in die Diskussionen einbringen konnten und vor allem zu Beginn in Video- und persönlichen Interviews ganz deutlich machten: „Wir wollen ernst genommen werden!“ Nicht nur Zakaria Abdullahi Hassan, der sich im Jugendhaus Schwabing engagiert, sondern auch die Schülerinnen Elena Forster (16) und Lena Krücker (15) vom Erzbischöflichen Edith-Stein-Gymnasium sowie der Student Martin Thoma (19), der an der KSH Soziale Arbeit studiert, konnten digital und vor dem Fachtags-Publikum ihre Bedenken äußern, die besonders den Klimawandel als existenzielle Bedrohung wahrnehmen. Dass bereits in der frühkindlichen Erziehung angesetzt werden müsse, unterstrich die Erzieherin Saskia Abbas-Kleinz (41), die am Katholischen Schutzengelkinderhaus in Eichenau eine Integrationsgruppe leitet. Sie betonte, dass sich die Folgen der Corona-Pandemie noch an den Kindern zeige, denn viele würden Probleme mit der Eingewöhnung und im Bereich der Sozialkompetenz haben. Die Videos, die auf dem Fachtag gezeigt wurden, finden sich weiter unten auf dieser Website.
Diese persönlichen Eindrücke wurden in einem Fachvortrag von Prof. Dr. Sylva Liebenwein, Professorin für Pädagogik und Soziale Arbeit an der KSH, untermauert. Sie bezog sich unter anderem auf die Barmer Sinus-Studie, in der milieuspezifisch Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren unter anderem zu Zukunftssorgen befragt wurden. Und die Zahlen machten deutlich: Die Zukunftsängste junger Menschen sind gestiegen. Im Jahr 2022 blickten unter den Befragten nur noch 35 Prozent optimistisch auf die Weltsituation, im Vorjahr waren es noch neun Prozent mehr. Besonders belastend seien hierbei Kriege, Klimawandel, Umweltverschmutzung und die Energiekrise.
Mit der Feststellung dieser Verunsicherungen ging es in die Diskussion. In unterschiedlichen Arbeitsgruppen wurde debattiert und konkrete Forderungen erarbeitet. Die fünf Gesprächsrunden setzten unterschiedliche Schwerpunkte: „Psychischer Belastungen und bildungsbezogene Ungleichheiten“ (Prof. Dr. Sylva Liebenwein, KSH), „Krise als Chance – Werte für die Demokratie“ (Florian Wenzel, Gründer und Inhaber peripheria), „Milieuspezifische Zugänge“ (Prof. Dr. Andreas Kirchner, KSH München), „Junge Menschen in eine hoffnungsvolle Zukunft begleiten – Ansätze aus der Praxis“ (P. Stefan Stöhr SDB, Salesianer Don Boscos) und „What’s up, Generation Z – Lifestyles zwischen Aufbruch und Krisen“ (Markus Bloch, Bereichsleiter im Erzbischöflichen Jugendamt für OKJA und Schulsozialarbeit der Krisen).
Dabei entstand ein breiter Fächer an Forderungen, darunter der Wunsch nach einer besseren Verteilung der Gelder, weniger bürokratischer Aufwand, besserer psychologischer Versorgung von Kindern und Jugendlichen und vor allem – mehr Partizipation von jungen Menschen an politischen Entscheidungen. Die Wünsche und Forderungen wurden im Anschluss direkt an die Politik gerichtet: Ulrike Scharf, Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales (CSU), tauschte sich am Nachmittag mit den Gruppen aus. Und auch ihr wurde deutlich, dass junge Menschen politisch mehr mitbestimmen wollen: „Das hat sich wirklich für mich auch nochmal verstärkt: die Beteiligung von jungen Menschen an politischen Entscheidungen und an ihren Zukunftsperspektiven“, sagte Scharf und betonte: „Dass sie ernst genommen werden mit ihren Sorgen, mit ihren Ängsten, aber auch mit ihren Vorstellungen von Zukunft, ist eines, was ich mitnehme.“ Dabei wolle sie konkret dafür sorgen, dass die Jugendsozialarbeit an den Schulen intensiv ausgebaut werden solle.
Ausblick und Fazit: Prof. Dr. Andreas Schwarz, Vizepräsident für Studium und Lehre an der KSH, der den Tag moderierte, betonte am Ende, auch in Hinblick auf den zweiten Fachtag, der am 19. September stattfinden soll, dass alle Teilnehmenden mit „Hausaufgaben“ zurück in ihren Arbeitsalltag kehren sollen. Mit dem Fokus auf das, was bereits gut in der Praxis läuft und wie mit Herausforderungen umgegangen wird, sollen auf Basis der identifizierten Verunsicherungen mögliche Maßnahmen gesammelt werden und bei der nächsten Zusammenkunft Gegenstand der Diskussion sein. Der Student Martin Thoma, der zu Beginn der Veranstaltung von seinen Verunsicherungen sprach, ist nach diesem Tag optimistisch gestimmt: „Für mich war ersichtlich, dass die Menschen, die heute hier zusammengekommen sind, auf jeden Fall ein Interesse daran haben, zuzuhören und produktiv zusammen zu arbeiten, um was zu schaffen, was uns weiterbringt“, sagte er. „Ich denke, dass wir heute ein Stück weit an Anfang gelegt haben für das, was eigentlich in der Politik passieren sollte, also im Dialog arbeiten und zusammen, produktive Diskussionen zu führen.“
Alle Bilder: Klaus D. Wolf
Im Video: Corona, Krieg und Klimawandel – vier Jugendliche und eine Erzieherin erzählen, was sie bewegt
Wie gehen junge Menschen mit den großen Krisen unserer Zeit um? – Vier Jugendliche und eine Erzieherin geben Einblicke in ihre Lebenswelt: in die Kita, die Uni, die Schule und in einen Jugendtreff. Wie haben sie die Corona-Zeit erlebt? Was denken sie über den Krieg in der Ukraine? Und wie gehen sie mit dem Klimawandel um? Sie erzählen, was sie beschäftigt, was sie verunsichert und was sie sich wünschen. Es sind die Stimmen von jungen Menschen, die den ersten Fachtag der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! – Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung“ eingeleitet haben - und die wir Ihnen nun hier gebündelt auf dieser Webseite zur Verfügung stellen.
Alle Videos: Eine Produktion vom Michaelsbund
Redaktion: Eileen Kelpe
Kamera und Schnitt: Magdalena Rössert, Stefan Stelzer
Katholisches Schutzengelkinderhaus, Eichenau
Saskia Abbas-Kleinz, Erzieherin, 41 Jahre alt
„Ich hatte oft das Gefühl, als wäre man verheizt worden“, sagt Saskia Abbas-Kleinz. Die 41-Jährige ist seit mehr als vier Jahren Erzieherin im Katholischen Schutzengelkinderhaus in Eichenau. Besonders prägend war für sie die Corona-Pandemie, eine „chaotische Zeit“, wie sie selbst erzählt. Als Erzieherin fühlte sie sich von der Politik alleingelassen, musste mit ansehen, wie Kinder Ängste entwickelten und wie praxisfern viele Regelungen für sie und ihre Kolleginnen waren. Der Alltag ist heute unbeschwerter – trotzdem hat die Pandemie ihre Spuren hinterlassen, vor allem bei den Kindern.
Fachtag "Was kommt noch?!": Interview mit Erzieherin Saskia Abbas-Kleinz
Erzbischöfliches Edith-Stein-Gymnasium, München
Elena Forster, 10. Klasse, 16 Jahre alt & Lena Krücker, 10. Klasse, 15 Jahre alt
„Ich glaube, dass oft die Stimmen nicht so gehört wurden, wie sie hätten gehört werden sollen“, sagt Lena. Auch Elena pflichtet ihr bei. Die Schülerinnen besuchen die 10. Klasse und sie erinnern sich noch sehr genau an die Zeit, in der Schule nur vor dem Laptop standfand. Sie erzählen, dass viele in der Schule den Anschluss verloren haben. Doch aktuell beschäftigt sie besonders der Klimawandel: Mit der ganzen Klasse gehen sie oft auf „Fridays for Future“-Demos und setzen sich für eine klimagerechte Welt ein. Dabei wünschen sie sich vor allem eines: dass sie von der Politik endlich ernst genommen werden.
Fachtag "Was kommt noch?!": Interview mit den beiden Schülerinnen Elena Forster und Lena Krücker
Jugendhaus Schwabing, München
Zakaria Abdullahi Hassan, 18 Jahre alt
„In dieser Zeit, gab es keine andere Sache, die mich so belastet hat wie das Homeschooling“, sagt Zakaria. Der 18-Jährige empfand die Corona-Zeit als „sehr stressig“. Er wollte seine Freunde sehen, Fußball spielen und nicht „eingesperrt sein“, wie er selbst sagt. Doch auch der Krieg und das Klima belasten den Jugendlichen und machen ihm Angst. Im Jugendhaus Schwabing, wo er jetzt wieder regelmäßig hingehen kann, fühlt er sich gut aufgehoben, engagiert sich und kann für einige Stunden die großen Krisen vergessen. Auch die Religion gibt ihm in diesen unsicheren Zeiten Halt.
Fachtag "Was kommt noch?!": Interview mit Zakaria Abdullahi Hassan
Katholische Stiftungshochschule München
Martin Thoma, 19 Jahre alt
„Das sind Entwicklungen, die ich einfach beängstigend finde“, sagt Martin Thoma. Er studiert an der KSH Soziale Arbeit, engagiert sich politisch und blickt unruhig auf die Dinge, die in der Welt passieren. Der Krieg, die Nachwirkungen der Pandemie und der Klimawandel – all das beschäftigt ihn und seine Mitstudierenden. Doch auch er findet, dass ihre Stimmen nicht ernst genommen werden. Er erzählt, dass viele ewig auf die Heizkostenpauschale und den Coronabonus warten mussten, um sich über Wasser zu halten. „Man fühlt sich im Stich gelassen“, sagt er.