Wissenschaftliche Begleitung und Evaluation des Bundesprogramms „ProKindertagespflege: Wo Bildung für die Kleinsten beginnt“
Das Bundesprogramm „ProKindertagespflege: Wo Bildung für die Kleinsten beginnt“
Mit dem neuen Bundesprogramm „ProKindertagespflege: Wo Bildung für die Kleinsten beginnt“ fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im Zeitraum von Januar 2019 bis Dezember 2022 deutschlandweit 48 Modellstandorte (Jugendhilfeträger) zur Stärkung der Betreuungsform Kindertagespflege.
Zentrales Ziel des Bundesprogramms ist eine stärkere Profilierung der Kindertagespflege im Gesamtsystem der Kindertagesbetreuung durch die Steigerung der Qualität dieses Betreuungsangebots. Die Förderung schließt sowohl die Handlungspraxis der beteiligten Akteurinnen und Akteure als auch die Weiterentwicklung der strukturellen Handlungsbedingungen vor Ort ein. Mit der Förderung werden die Standorte dabei unterstützt durch die Implementierung des „Kompetenzorientierten Qualifizierungshandbuchs“ die Qualifizierung von Kindertagepflegepersonen zu verbessern. Darüber hinaus fokussiert das Programm auf die folgenden sieben verbindlichen Förderschwerpunkte:
Übergeordnetes Ziel des neuen Bundesprogramms ist die Entwicklung und Erprobung tragfähiger Modelle im Rahmen einer kommunalen Gesamtstrategie, von der Effekte einer umfassenden Qualitätsentwicklung ausgehen und die zur inhaltlichen Schärfung und verbesserten Wahrnehmung der Kindertagespflege beiträgt.
Mit der wissenschaftlichen Begleitung und Evaluation des Bundesprogramms soll geklärt werden, welche Maßnahmen zu Effekten führen, die der Entwicklung von Qualität in Kindertagespflege im Gesamtsystem der Kindertagesbetreuung zuträglich sind. Im Konkreten geht es um die Frage, welche Fördermodule auf welche Weise und unter welchen Bedingungen einen Beitrag zu Qualitätsentwicklung von Kindertagespflege leisten.
Verständnis von Qualität
In Anlehnung an Schoyerer & Wiesinger (2017) fußt das Qualitätsverständnis, welches der wissenschaftlichen Begleitung des Bundesprogramms zugrunde liegt auf folgenden Grundannahmen:
Qualität ...
- obliegt nicht allein der autonomen Gestaltungsmacht der Organisationen und ihrer Fachkräfte.
- ergibt sich als ein relationales Konzept in Aushandlungsprozessen zwischen den Ansprüchen von LeistungserbringerInnen, Anspruchsberechtigten und KostenträgerInnen.
- entsteht in komplexen Interaktionssituationen.
- ist nicht standardisierbar, mehrdeutig, schwer vorhersehbar und nur begrenzt planbar.
Der Prozess des Entstehens von Qualität in (sozial-)pädagogischen Handlungskontexten ist maßgeblich durch folgende Parameter beeinflusst:
Demzufolge wird Qualität zu einer auszuhandelnden Anwendungsaufgabe der beteiligten AkteurInnen, die für ihre lokale Praxis begründete Orientierungen, ihre Ziele und Methoden angesichts der am besten passenden fachlichen Standards entwickeln und mit den Erwartungen der Klientel verhandeln müssen. Derartige Qualitätsaushandlungsprozesse sind dementsprechend interaktiv, fallspezifisch, kontextgebunden, rekonstruktiv und ergebnisoffen (Fend 2008; Honig et al. 2013; Schoyerer/Wiesinger 2017, 2018).
Forschungsfragen und Forschungsansatz
Mit der Studie werden die praktischen Leistungen, konzeptionellen Zielsetzungen und organisationalen Arbeitsbedingungen von unterschiedlichen Modellstandorten angesichts ihrer Schwerpunktsetzungen modellhaft untersucht und beschrieben. Folgende Fragen sind dabei forschungsleitend:
Die Studie folgt den Grundsätzen formativ-praxeologischer Forschung, denn entsprechend der Studienziele zeigt sie unterschiedliche, mögliche Umsetzungsvarianten und ihre Potenziale auf und gibt der Praxis die Möglichkeit, diese danach zu befragen, inwieweit sie einen Beitrag zum Erreichen der eigenen Ziele und Schwerpunktsetzungen leisten können. Weiterhin eröffnet sie den AkteurInnen damit einen Zugang zu praxisrelevanter Forschung, die im Kontext ihrer lokalen Praxis für die eigene Weiterentwicklung genutzt werden kann. Auf diese Weise wird die Expertise der Praxis ernstgenommen, da die Bedingungen ihrer Arbeitszusammenhänge in den Blick genommen werden, ohne die Zielrichtung „guter“ Qualität normativ zu bestimmen.
Studiendesign
Der praktischen Konzeption der Studie liegt ein multimethodischer, ethnographischer Forschungsansatz zugrunde (vgl. Breidenstein et al. 2013; Schoyerer et al. 2019). Mehrere zeitlich gestaffelte Explorationsphasen werden miteinander verknüpft:
Untersuchungsgegenstand sind unterschiedliche Akteursgruppen und Organisationsebenen in den Modellstandorten, an denen nachvollzogen werden kann, auf welche Weise und unter welchen Bedingungen die Themenfelder des Bundesprogramms praktisch umgesetzt werden.
Output und Ergebnisse
Geplant ist die Erstellung von acht praxeologischen Teilstudien, mit welchen die einzelnen Förderschwerpunkte des Bundesprogramms „ProKindertagespflege: Wo Bildung für die Kleinsten beginnt“ im Hinblick auf die Entstehungsbedingungen von Qualität empirisch in den Blick genommen werden. Die Ergebnisse der praxeologischen Teilstudien werden zum einen im Rahmen von Empirie-Praxis-Transfers an die Modellstandorte zurückgespielt und zum anderen in den wissenschaftlichen Fachdiskurs eingebracht. Ziele der Studie sind, die Leistungspotenziale der Kindertagespflege als Betreuungsform im Kontext des Gesamtsystems der Kindertagesbetreuung aufzuzeigen und zur Weiterentwicklung von Qualität in Kindertagespflege beizutragen. Weiterhin werden die Steuerung und Durchführung des Bundesprogramms mit der wissenschaftlichen Begleitung und Evaluation fachlich unterstützt.
Aktuelles
Downloads
Projektleitung an der KSH München
Prof. Dr. Gabriel Schoyerer
+49 89 48092-8431
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der KSH München
Maria Ihm (M.A.)
+49 89 48092-8493
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der KSH München
Lisa Raich (M.A.)
+49 89 48092-8484
Gefördert vom:
Literatur
- Breidenstein, G., Hirschauer, S., Kalthoff, H., Nieswand, B. (2013): Ethnografie. Die Praxis der Feldforschung. Konstanz/München
- Fend, H. (2008): Neue Theorie der Schule. Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. – Wiesbaden
- Honig, M.-S., Neumann, S., Schnoor, O., Seele, C. (2013): Die Bildungsrelevanz der Betreuungswirk-lichkeit. Eine Studie zur institutionellen Praxis nicht-familialer Kleinkinderziehung. – Walferdange
- Schoyerer, G., Frank, C., Jooß-Weinbach, M., Loick Molina, S. (2019): Professionelle Praktiken. Ethnografische Studien zum pädagogischen Alltag in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege. Beltz Juventa, Weinheim
- Schoyerer, G. & Wiesinger, J. (2018): Praktiken der Erzeugung von Qualität. Ein analytisch-deskriptiver Blick auf Qualität in der Fachberatung für Kindertagespflege, in: Diskurs Kindheits- und Jugendforschung, 13, 4, S. 417-431
- Schoyerer, G. & Wiesinger, J. (2017): Die Praxis der Fachberatung für Kinderatgespflege. Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „Qualitätsbedingungen von Fachberatung Kindertagespflege“ (QualFa). Heinrich Druck + Medien GmbH, Katholische Stiftungshochschule München, München.
Wissenschaftliche Begleitung und Evaluation des Bundesprogramms „ProKindertagespflege: Wo Bildung für die Kleinsten beginnt“
Das Bundesprogramm „ProKindertagespflege: Wo Bildung für die Kleinsten beginnt“
Mit dem neuen Bundesprogramm „ProKindertagespflege: Wo Bildung für die Kleinsten beginnt“ fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im Zeitraum von Januar 2019 bis Dezember 2022 deutschlandweit 48 Modellstandorte (Jugendhilfeträger) zur Stärkung der Betreuungsform Kindertagespflege.
Zentrales Ziel des Bundesprogramms ist eine stärkere Profilierung der Kindertagespflege im Gesamtsystem der Kindertagesbetreuung durch die Steigerung der Qualität dieses Betreuungsangebots. Die Förderung schließt sowohl die Handlungspraxis der beteiligten Akteurinnen und Akteure als auch die Weiterentwicklung der strukturellen Handlungsbedingungen vor Ort ein. Mit der Förderung werden die Standorte dabei unterstützt durch die Implementierung des „Kompetenzorientierten Qualifizierungshandbuchs“ die Qualifizierung von Kindertagepflegepersonen zu verbessern. Darüber hinaus fokussiert das Programm auf die folgenden sieben verbindlichen Förderschwerpunkte:
Übergeordnetes Ziel des neuen Bundesprogramms ist die Entwicklung und Erprobung tragfähiger Modelle im Rahmen einer kommunalen Gesamtstrategie, von der Effekte einer umfassenden Qualitätsentwicklung ausgehen und die zur inhaltlichen Schärfung und verbesserten Wahrnehmung der Kindertagespflege beiträgt.
Mit der wissenschaftlichen Begleitung und Evaluation des Bundesprogramms soll geklärt werden, welche Maßnahmen zu Effekten führen, die der Entwicklung von Qualität in Kindertagespflege im Gesamtsystem der Kindertagesbetreuung zuträglich sind. Im Konkreten geht es um die Frage, welche Fördermodule auf welche Weise und unter welchen Bedingungen einen Beitrag zu Qualitätsentwicklung von Kindertagespflege leisten.
Verständnis von Qualität
In Anlehnung an Schoyerer & Wiesinger (2017) fußt das Qualitätsverständnis, welches der wissenschaftlichen Begleitung des Bundesprogramms zugrunde liegt auf folgenden Grundannahmen:
Qualität ...
- obliegt nicht allein der autonomen Gestaltungsmacht der Organisationen und ihrer Fachkräfte.
- ergibt sich als ein relationales Konzept in Aushandlungsprozessen zwischen den Ansprüchen von LeistungserbringerInnen, Anspruchsberechtigten und KostenträgerInnen.
- entsteht in komplexen Interaktionssituationen.
- ist nicht standardisierbar, mehrdeutig, schwer vorhersehbar und nur begrenzt planbar.
Der Prozess des Entstehens von Qualität in (sozial-)pädagogischen Handlungskontexten ist maßgeblich durch folgende Parameter beeinflusst:
Demzufolge wird Qualität zu einer auszuhandelnden Anwendungsaufgabe der beteiligten AkteurInnen, die für ihre lokale Praxis begründete Orientierungen, ihre Ziele und Methoden angesichts der am besten passenden fachlichen Standards entwickeln und mit den Erwartungen der Klientel verhandeln müssen. Derartige Qualitätsaushandlungsprozesse sind dementsprechend interaktiv, fallspezifisch, kontextgebunden, rekonstruktiv und ergebnisoffen (Fend 2008; Honig et al. 2013; Schoyerer/Wiesinger 2017, 2018).
Forschungsfragen und Forschungsansatz
Mit der Studie werden die praktischen Leistungen, konzeptionellen Zielsetzungen und organisationalen Arbeitsbedingungen von unterschiedlichen Modellstandorten angesichts ihrer Schwerpunktsetzungen modellhaft untersucht und beschrieben. Folgende Fragen sind dabei forschungsleitend:
Die Studie folgt den Grundsätzen formativ-praxeologischer Forschung, denn entsprechend der Studienziele zeigt sie unterschiedliche, mögliche Umsetzungsvarianten und ihre Potenziale auf und gibt der Praxis die Möglichkeit, diese danach zu befragen, inwieweit sie einen Beitrag zum Erreichen der eigenen Ziele und Schwerpunktsetzungen leisten können. Weiterhin eröffnet sie den AkteurInnen damit einen Zugang zu praxisrelevanter Forschung, die im Kontext ihrer lokalen Praxis für die eigene Weiterentwicklung genutzt werden kann. Auf diese Weise wird die Expertise der Praxis ernstgenommen, da die Bedingungen ihrer Arbeitszusammenhänge in den Blick genommen werden, ohne die Zielrichtung „guter“ Qualität normativ zu bestimmen.
Studiendesign
Der praktischen Konzeption der Studie liegt ein multimethodischer, ethnographischer Forschungsansatz zugrunde (vgl. Breidenstein et al. 2013; Schoyerer et al. 2019). Mehrere zeitlich gestaffelte Explorationsphasen werden miteinander verknüpft:
Untersuchungsgegenstand sind unterschiedliche Akteursgruppen und Organisationsebenen in den Modellstandorten, an denen nachvollzogen werden kann, auf welche Weise und unter welchen Bedingungen die Themenfelder des Bundesprogramms praktisch umgesetzt werden.
Output und Ergebnisse
Geplant ist die Erstellung von acht praxeologischen Teilstudien, mit welchen die einzelnen Förderschwerpunkte des Bundesprogramms „ProKindertagespflege: Wo Bildung für die Kleinsten beginnt“ im Hinblick auf die Entstehungsbedingungen von Qualität empirisch in den Blick genommen werden. Die Ergebnisse der praxeologischen Teilstudien werden zum einen im Rahmen von Empirie-Praxis-Transfers an die Modellstandorte zurückgespielt und zum anderen in den wissenschaftlichen Fachdiskurs eingebracht. Ziele der Studie sind, die Leistungspotenziale der Kindertagespflege als Betreuungsform im Kontext des Gesamtsystems der Kindertagesbetreuung aufzuzeigen und zur Weiterentwicklung von Qualität in Kindertagespflege beizutragen. Weiterhin werden die Steuerung und Durchführung des Bundesprogramms mit der wissenschaftlichen Begleitung und Evaluation fachlich unterstützt.
Aktuelles
Downloads
Projektleitung an der KSH München
Prof. Dr. Gabriel Schoyerer
+49 89 48092-8431
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der KSH München
Maria Ihm (M.A.)
+49 89 48092-8493
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der KSH München
Lisa Raich (M.A.)
+49 89 48092-8484
Gefördert vom:
Literatur
- Breidenstein, G., Hirschauer, S., Kalthoff, H., Nieswand, B. (2013): Ethnografie. Die Praxis der Feldforschung. Konstanz/München
- Fend, H. (2008): Neue Theorie der Schule. Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. – Wiesbaden
- Honig, M.-S., Neumann, S., Schnoor, O., Seele, C. (2013): Die Bildungsrelevanz der Betreuungswirk-lichkeit. Eine Studie zur institutionellen Praxis nicht-familialer Kleinkinderziehung. – Walferdange
- Schoyerer, G., Frank, C., Jooß-Weinbach, M., Loick Molina, S. (2019): Professionelle Praktiken. Ethnografische Studien zum pädagogischen Alltag in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege. Beltz Juventa, Weinheim
- Schoyerer, G. & Wiesinger, J. (2018): Praktiken der Erzeugung von Qualität. Ein analytisch-deskriptiver Blick auf Qualität in der Fachberatung für Kindertagespflege, in: Diskurs Kindheits- und Jugendforschung, 13, 4, S. 417-431
- Schoyerer, G. & Wiesinger, J. (2017): Die Praxis der Fachberatung für Kinderatgespflege. Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „Qualitätsbedingungen von Fachberatung Kindertagespflege“ (QualFa). Heinrich Druck + Medien GmbH, Katholische Stiftungshochschule München, München.